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Basler Zeitung: WM-Presseschau - "Die grosse Hitze als Spielverderber" (Ausgabe vom 14.6.06)

Geschrieben am 13-06-2006

Basel (ots) - Nach dem 0:0 war bei den Schweizern das Wetter ein
heisses Thema

MARCEL ROHR, Stuttgart

Mit dem Remis gegen Frankreich ist den Schweizern der Start in die
WM resultatmässig geglückt. Doch die hohen Temperaturen verhinderten
ein attraktiveres Spiel.

Ob Patrick Müller wohl schon geduscht hatte? Seine Haare waren
nass, die Backen knallrot, der Blick müde. Er musste bereits geduscht
haben, denn der Innenverteidiger stand eine Stunde nach dem
Schlusspfiff in der Mixed-Zone. Doch es schien, als käme er direkt
vom Platz. «Ich hatte Mühe heute mit der Sonne und war platt», meinte
der Ex-FCB-Verteidiger auf die Frage, warum er denn nach 75 Minuten
seinen Platz für Johan Djourou geräumt hatte. Auf die Nachfrage, wie
nahe er an einem Sonnenstich vorbeigegangen war, entgegnete der
Genfer: «Ja, viel fehlte nicht mehr. Es war brutal.»
Brutal heiss, gilt es anzufügen. Endlich hat der Sommer auch in
Deutschland temperaturmässig Einzug gehalten, endlich lacht die Sonne
vom Himmel - doch gestern erwies sich die Hitze als Spielverderber.
Bei knapp dreissig Grad hatten in erster Linie die Fans am Bierstand
ihre Freude. Doch wer dann später von der Tribüne auf den Rasen
blickte, begann schon beim Anblick der rennenden Spieler zu
schwitzen.

Tolle Atmosphäre. So blieb es beim torlosen Remis, beim Spiel ohne
Tore vor 52 000 Zuschauern, die eine prächtige, farbenfrohe Kulisse
bildeten. Wieder ein Remis, ist man geneigt zu sagen, wie schon beim
1:1 im Oktober 2005 oder beim 0:0 im März davor in Paris. Die
Nachbarn kennen sich mittlerweile - entsprechend gross ist der
Respekt gegenseitig. «Ich hätte vor dem Anpfiff für ein Remis
unterschrieben», sagte Nationalcoach Köbi Kuhn, «aber in unserem
Spiel gibt es einiges zu korrigieren. Wir waren nicht immer auf der
Höhe.» Mit seiner Analyse hatte Kuhn recht, die Schweizer verloren
oft den Ball. Und sie stiegen verkrampft in den Match, wirkten
nervös. Da hatte man doch etwas mehr erwartet von den «kleinen
Schweizern», die gerade in Deutschland mit etlichen
Vorschusslorbeeren überhäuft worden waren.
Doch weil auch die Franzosen die meiste Zeit eher lust- und ideenlos
über das Feld trabten, war das 0:0 nur eine logische Konsequenz. Man
stelle sich diesen Match vor 300 Zuschauern auf dem Basler Rankhof
vor - er wäre zehn Minuten nach Spielschluss bis ans Lebensende kein
Thema mehr. Doch weil sich das Ganze bei einer WM abspielte, blieben
unzählige Fragen: Was wäre gewesen, wenn Barnettas Freistoss ins Tor
und nicht an den Pfosten geklatscht wäre? Was, wenn der kleinliche
Valentin Iwanow beim (ungewollten) Hands von Patrick Müller auf
Penalty entschieden hätte? Und Gygax die grösste Chance des Spiels,
einen Kopfball aus nächster Nähe, besser platziert hätte?
Es gab also durchaus den einen oder anderen Aufreger. Und wie Kuhn
war auch sein Gegenüber, Raymond Domenech, nachher zufrieden. «Wir
haben gegen einen direkten Konkurrenten einen Punkt geholt», meinte
der französische Trainer, «es war ein 0:0 von zwei Teams, die sich
kennen.»

Optimismus ERLAUBT. Dieser Punkt ist für die Schweizer die Basis,
optimistisch nach vorne zu schauen. Am Montag geht das WM-Abenteuer
in Dortmund gegen Togo weiter. Die Afrikaner stehen nach dem
gestrigen 1:2 gegen Südkorea bereits mit dem Rücken zur Wand. Kuhn:
«Ich habe schon vor dem Turnier gesagt, dass dieses zweite Spiel das
entscheidende dieser Gruppenphase wird.» Dann gilt es, die Hemmungen
von der ersten Minute an abzustreifen und mutiger anzugreifen.
«Es wird schwer gegen Togo», prophezeit Tranquillo Barnetta jedoch.
Die Anspielzeit verspricht kein Spektakel, der Kickoff in Dortmund
ist auf 15 Uhr angesetzt. Die Schweizer Hoffnung auf kühlere
Temperaturen - sie begann nicht nur beim schwitzenden Patrick Müller
gestern spätestens in der Mixed-Zone.

Mehr: www.baz.ch/epaper

Originaltext: Basler Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=62558
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_62558.rss2

Rückfragen bitte an:
Basler Zeitung
Peter Schibli
peter.schibli@baz.ch


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