Berliner Morgenpost: Das war kein Streik wie jeder andere
Geschrieben am 11-11-2008 |
Berlin (ots) - Streik - in Berlin ist schon Dreijährigen das recht komplexe Wort mit den sechs Buchstaben vertraut. Wer sein Kind in eine städtische Kita oder einen Schulhort schickt, wird vielleicht gehört haben, wie es in schönster "Dingsda"-Sprache definiert, was Streik bedeutet: nämlich "Mama kann nicht arbeiten" oder "immer blöde Notbetreuung". Damit ist nun hoffentlich Schluss. Senat und Gewerkschaften verhandeln wieder und stehen kurz vor einer Einigung. Endlich. Nach unfassbar zähen Monaten, in denen ständig gestreikt und kaum gesprochen wurde. Erstaunlich, wie langmütig Berliner Eltern die tagelangen Ausstände der Erzieher und Lehrer hingenommen und immer wieder ihren Alltag um die gestrichenen Betreuungs- und Unterrichtsstunden herum organisiert haben. Genervt und gelassen zugleich. Erstaunlich auch, dass ausgerechnet eine linke Regierung den Erziehern und Pädagogen so lange und beharrlich eine überfällige und moderate Lohnerhöhung verweigert hat. Natürlich, es geht auch um die Bezahlung der Objektschützer, der Angestellten in Ordnungs- und Bürgerämtern, der Knöllchenschreiber. Aber - Milliardenschulden hin, Sparzwang her - anders als die Zulassungsstelle sind Kitas und Schulen jeden Tag wichtig. Da geht es, kurz und pathetisch gesagt, um die Zukunft der Kinder und die Lebensqualität ihrer Eltern. Bei allem Verständnis für die Not in Zeiten leerer Kassen - der Berliner Senat hat zu lange tatenlos abgewartet. Dabei war seit Beginn des Tarifkonflikts klar: Wer Bildung und Chancen der Kinder verbessern will, kann dies nicht mit sich unterbezahlt fühlenden, schlecht motivierten Angestellten tun. Wer berufstätige Mütter fördern will, dem darf nicht gleichgültig sein, wenn Schulhorte und Kitas wochenlang geschlossen bleiben. Was haben Körting und Sarrazin erwartet? Dass der Streik einfach so zusammenbricht, die Streikenden ein Einsehen haben? Dass sich die mehreren Zehntausend betroffenen Eltern mit dem Sparsenat solidarisieren? Nein, man hat nicht den Eindruck, Bildung stünde auf dem rot-roten Dringlichkeitszettel ganz oben. Ein Gutes hatten die ewigen Streikwochen allerdings: Eltern und Erzieher lernten sich besser kennen. Die einen wissen nun, dass manche Erzieherinnen kaum mehr als eine illegale Putzhilfe verdienen. Die anderen, dass der Spagat zwischen Job und Kind für berufstätige Eltern häufig kaum zu schaffen ist. Nun ist klar: Es läuft auf einen höheren Sockelbetrag für die unteren Lohngruppen heraus, um rund drei Prozent mehr Geld. Unabhängig davon, wie schwer der Finanzsenator unter diesem Mehr zu ächzen hat - es ist höchste Zeit, den Ausnahmezustand in Berlin zu beenden. Bevor er zum Bildungsnotstand wird.
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