Lausitzer Rundschau: Die Lausitzer Rundschau Cottbus zur Vorschlag Stefan Müllers, Zwangsdienste für Hartz-IV-Empfänger einzuführen:
Watschen statt Chancen
Geschrieben am 14-06-2006 |
Cottbus (ots) - Schmarotzer, Drückeberger, Schwarzarbeiter - das ist das Bild, das einige Politiker offenbar von Langzeitarbeitslosen haben. Die unsägliche Debatte um den Missbrauch von Hartz-IV-Geldern findet mit den jüngsten Äußerungen des CSU-Mannes Stefan Müller ihren Höhepunkt. Er fordert einen täglichen, ehrenamtlichen Gemeinschaftsdienst für Langzeitarbeitslose. Damit spricht er de facto von Zwangsarbeit, die gegen das Grundgesetz verstößt. Dass der Jung-Politiker ausgerechnet Deutschlands auflagenstärkstes Boulevardblatt als Herold seines Vorstoßes gewählt hat, spricht Bände. Schließlich ist die Gazette nicht für ihre differenzierte Weltanschauung bekannt. Deshalb könnte der Vorschlag als Versuch gewertet werden, die Scheinwerfer in die hinteren CSU-Reihen zu lenken und sollte im Grunde als Polemik ignoriert werden. Wären da nicht die tiefe Menschenverachtung, Unkenntnis und Ignoranz, die aus diesen Worten sprechen. Sie zeigen anschaulich, wie weit der Politzirkus mittlerweile vom wirklichen Leben entfernt ist. Denn in einer Gesellschaft, in der Ansehen durch Arbeit definiert wird, bleibt kaum einer freiwillig Zuhause. Dieser Mythos hat sich in den Politikerköpfen festgesetzt, seitdem die Hartz-IV-Ausgaben explodieren. Doch daran ist nicht die vermeintliche Gier der Bedürftigen Schuld, sondern die Unfähigkeit der Beschwerdeführer selbst. Denn die sind bis dato nicht in der Lage, ein gerechtes und sozial verträgliches Gesetz zu verfassen, das den Betroffenen endlich Chancen statt Watschen bietet.
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