Ostsee-Zeitung: Renten-Alarmsignal (Kommentar von Reinhard Zweigler)
Geschrieben am 19-11-2008 |
Rostock (ots) - Der jüngste Regierungsbericht zu Rente und Alterssicherung versucht, den alten Spruch von Norbert Blüm, "Die Rente ist sischa.", im neuen Gewand unter die Leute zu bringen. Die gesetzliche Rente sei "zukunftssicher". Die Altersruhegelder stiegen bis 2022 um 32 Prozent, das heißt jährlich um fast zwei Prozent, frohlockt der Bericht. Donnerwetter. Bei so viel regierungsamtlicher Schönfärberei bleibt einem glatt die Spucke weg. Selbst zwei Prozent mehr würde die Talfahrt bei den Altersruhegeldern nicht stoppen. Die Inflation frisst mickrige Erhöhungen mehr als auf. Wie in den vergangenen Jahren schon. Und dass die Rentenkassen derzeit prall gefüllt sind, hat weniger mit einer guten Rentenpolitik, sondern mit dem Wachstum der letzten drei, vier Jahre zu tun. Die Milliarden, die bei der Rentenversicherung aufgelaufen sind, werden dringend gebraucht, wenn harte Zeiten kommen. Ohnehin muss der Staat jedes Jahr fast 80 Milliarden Euro zur Stabilisierung der Rentenkassen hinzu schießen. Zukunftssichere Rente? Von wegen. Vor allem ignoriert die Bundesregierung jene Alarmsignale, die zurzeit vom Arbeitsmarkt kommen und in den nächsten Monaten leider noch viel dramatischer werden dürften - und sich dann zeitversetzt in den Rentenkassen niederschlagen. Es drängt sich der böse Verdacht auf, dass vor einem wichtigen Wahljahr ein Renten-Wolkenkuckusheim versprochen werden soll. Doch die vorgebliche Ruhe an der Rentenfront ist trügerisch. Schon heute bekommt jeder dritte Mann und jede zweite Frau eine gesetzliche Rente unter 1000 Euro. Viele noch viel weniger. Wegen diverser Dämpfungsfaktoren, die den Rentenanstieg bremsen, sinkt das Rentenniveau weiter. Dramatisch wird die Rentenentwicklung vor allem im Osten, wo lange Arbeitslosigkeit, Mini-Jobs und Geringverdienste an der Tagesordnung sind. Vor allem diesen Menschen droht in den nächsten Jahren der Marsch in die Altersarmut, wenn jetzt nicht kräftig gegengesteuert wird. Die ostdeutschen Kommunen haben diese Gefahr längst erkannt, denn sie müssen dann für die Grundsicherung im Alter aufkommen. Der Bund verschließt immer noch die Augen davor. Genau wie er ein wirklich tragfähiges Konzept für die Angleichung der Rentensysteme Ost und West auf die lange Bank schiebt. An dieser brisanten Frage wollen sich Union und SPD zurzeit nicht die Finger verbrennen.
Originaltext: Ostsee-Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/65393 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_65393.rss2
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