WAZ: Große Koalition - Krisenmanagement statt Wahlkampf - Leitartikel von Thomas Wels
Geschrieben am 26-11-2008 |
Essen (ots) - In Zeiten der Krise wächst die Sehnsucht nach Sicherheit. In der Familie, am Arbeitsplatz und in der Politik. Was erklärt, dass sich deutlich mehr Menschen für die Fortsetzung der Großen Koalition aussprechen als dagegen. Gemeinsamkeit macht stark, und das ist es wohl, was die Bürger von ihrer Regierung erwarten, wenn Tag für Tag neue Krisen-Meldungen einschlagen.
Das ist eine große Verantwortung für die Große Koalition, die gerade angefangen hat, sich als SPD und Union gegeneinander zu profilieren. Hoffen wir, dass die beiden Volksparteien den Ernst der Lage begreifen. Daran darf man allerdings zweifeln. Der Elan der Krisen-Manager, die unter allseitigem Beifall binnen einer Woche ein Rettungspaket für Banken über 500 Milliarden Euro geschnürt hatten, ist längst verflogen. Die Wahlkämpfer führen das Wort.
Das ist gefährlich. Anders als vor fünf Wochen - damals zwang die Gefahr eines Bankenzusammenbruchs zum sofortigen Handeln - läuft die Krise jetzt schleichend durch die Realwirtschaft. BASF legt 80 Werke still, verlängerte Ferien bei ThyssenKrupp, Produktionsstopp bei Autobauern, 40 Prozent weniger Güterverkehr bei der Bahn - die Politik reagiert wie der Frosch auf der heißen Herdplatte. Beim langsamen Erhitzen bleibt er sitzen, wirft man ihn in heißes Wasser, springt er heraus. Es gibt gewiss keinen Grund für die Bundesregierung, über jedes Stöckchen namens Konjunkturprogramm zu hüpfen, das man ihr hinhält. Dennoch ist das, was sie als Konjunkturprogramm verkauft, bei weitem nicht ausreichend, um diese Krise zu bewältigen.
Dabei ist die schwierigste Aufgabe noch nicht einmal, ein anständiges Programm etwa über niedrigere Einkommenssteuern oder höhere Ausgaben in Infrastruktur aufzulegen. Die Herausforderung hat zwei Dimensionen: In Deutschland liegt die Kunst darin, mit einem wie auch immer gearteten Programm Vertrauen und Zuversicht zu reanimieren. Wie schwer das ist, war bei der Bankenrettung zu beobachten: Die Banken sind vor dem Untergang bewahrt worden, das Vertrauen, sich untereinander und Unternehmen Geld zu leihen, ist nicht zurückgekehrt. Insofern ist die Rettung gescheitert. Hier ist dringend Nachbesserung nötig. Zweitens muss die Regierung ihr Gewicht in der EU einbringen, um den beginnenden Subventionswettlauf zu stoppen. Zollschranken und Jägerzäune um Nationalstaaten waren nach 1931 für die Tiefe der Weltwirtschaftskrise verantwortlich.
Das sind wirklich große Aufgaben für eine Große Koalition.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
Pressekontakt: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Zentralredaktion Telefon: 0201 / 804-2727 zentralredaktion@waz.de
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