Woche vom 01.12. bis 05.12.2008
Geschrieben am 01-12-2008 |
Frankfurt (ots) - VOLKSWIRTSCHAFT
Rückblick
Was die Einkaufsmanagerindizes bereits andeuteten, wurde durch ESI, ifo und Co. in der vergangenen Woche nochmals unterstrichen: Die europäische Wirtschaft rutscht immer tiefer in die Rezession und eine Besserung der Lage ist in den nächsten Monaten nicht abzusehen. Der erneute deutliche Rückgang des Economic Sentiment Indicator (ESI), der einen hohen Gleichlauf mit der Vorjahresrate des europäischen Bruttoinlandsproduktes aufweist (s. Abbildung links), spricht klar dafür, dass sich die Wirtschaft im 4. Quartal noch deutlich schlechter als im 3. Quartal entwickelt. Dieselbe Botschaft kommt vom ifo-Geschäftsklimaindex, dessen Erwartungskomponente auf das tiefste Niveau seit dem Ölpreisschock im Jahre 1973 gefallen ist, ebenso wie Verbraucher- und Unternehmensvertrauen aus der Währungsunion. Nachdem bereits in den USA die Deflationsdiskussion entbrannt ist, dürften die Verbraucherpreisdaten aus Deutschland und dem Euroraum (Rückgang der Inflationsrate im November von 2,4% auf 1,4% respektive von 3,2% auf 2,1%) auch hierzulande dieses Thema verstärkt zur Sprache bringen. Allerdings beurteilen wir die Deflationsgefahr aktuell noch recht gering, da der Preisrückgang der vergangenen Monate maßgeblich energiepreisbedingt ist und kein Preisrückgang auf breiter Front zu beobachten war. Die Daten aus den USA fielen nicht minder negativ aus. Das BIP-Wachstum für das 3. Quartal wurde von -0,3% auf -0,5% revidiert, maßgeblich einem stärker als erwarteten Konsumeinbruch geschuldet. Die Konsumausgaben verzeichneten im 3. Quartal den stärksten Rückgang seit 30 Jahren. Auch für das 4. Quartal stehen die Zeichen schlecht, so sanken die Konsumausgaben im Oktober um 1% und die Auftragseingänge für langlebige Güter brachen um 6,2% ein, mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Produktion in den kommenden Monaten.
Ausblick
Mit den ISM-Indizes und dem Arbeitsmarktbericht stehen schwergewichtige Konjunkturdaten aus den USA auf der Agenda, die nicht viel Neues bringen werden: Sie werden zeigen, dass sich die US-Wirtschaft in einer tiefen Rezession befindet und wenig Hoffnung auf Besserung in den kommenden Monaten besteht. Gleiches ist vom Beige Book der Fed zu erwarten, in dem ein sehr trübes Wirtschaftsbild aus den einzelnen Fed-Distrikten gezeichnet werden dürfte. Nachdem bereits heute Morgen die deutschen Einzelhandelsumsätze sehr schwach ausfielen, bergen auch die Auftragseingänge in der deutschen Industrie Enttäuschungspotenzial, da sie ebenfalls für eine schwache Wirtschaftsentwicklung in der nahen Zukunft sprechen werden. Im Fokus werden in Europa allerdings die Zinsentscheidungen der Bank of England (BoE) und der Europäischen Zentralbank (EZB) stehen. Nach dem überraschend starken Zinsschritt der BoE um 150 BP im vergangenen Monat dürfte ein weiter Schritt um 50 BP folgen. Bei der EZB geht es wohl eher um die Frage einer Senkung um 50 BP oder 75 BP. Der starke Rückgang der Inflationsrate und die sehr schlechten Konjunkturdaten der vergangenen Woche lassen die Erwartung einer 75 BP-Senkung durchaus gerechtfertigt erscheinen.
AKTIENMÄRKTE
Rückblick
Nachdem die US-Regierung zum Wochenstart erneut die ehemals weltgrößte Bank Citigroup mit einem Milliardenprogramm unterstützte, war die Stimmung an den Aktienmärkten euphorisch. Allein am Montag konnte der DAX um über 10% hinzugewinnen. Die positive Stimmung hielt bis zum Wochenende an, wenngleich der Verlauf an den letzten Handelstagen aufgrund eines US-Feiertags (Thanksgiving) in sehr ruhigen Bahnen verlief. Die Erholung war einerseits von den Finanztiteln, andererseits von den zuletzt sehr schwachen zyklischen Werten getragen.
Mit ThyssenKrupp legte eines der letzten DAX-Unternehmen das Ergebnis für das abgelaufene Quartal vor und konnte die Erwartungen übertreffen. Zudem wurde ein milliardenschweres Sparprogramm angekündigt, was positiv am Markt aufgenommen wurde. Aufgrund der aktuell angespannten Konjunkturlage hat ThyssenKrupp jedoch - wie die meisten anderen Unternehmen auch - auf einen Ausblick für das kommende Jahr verzichtet. Für Aufmerksamkeit sorgte die Absage der geplanten Übernahme von Rio Tinto durch BHP Billiton. Nach zähen Verhandlungen wurde dieser Schritt mit dem Rückgang der Rohstoff-Nachfrage begründet. Die Bekanntgabe, dass die Commerzbank die Dresdner Bank bereits ein halbes Jahr früher übernehmen wird, sorgte am Freitag für Kursgewinne im Finanzsektor. Nachdem bereits für den Bankensektor ein Rettungspaket verabschiedet wurde und auch im Automobilsektor über politische Unterstützungsmaßnahmen diskutiert wurde, hat nun auch die Infineon-Tochter Qimonda um staatliche Unterstützung gebeten. Andernfalls wäre eine Insolvenz im ersten Quartal des kommenden Jahres nicht mehr auszuschließen.
Ausblick
Die Aktienmärkte werden mit roten Vorzeichen in die laufende Woche starten. Nach ersten Erkenntnissen ist der traditionelle Start in das US-Weihnachtsgeschäft, der sog. "Black Friday", hinter den Erwartungen zurückgeblieben, was die zuletzt gute Stimmung erneut ins Gegenteil verkehrte und Marktteilnehmer zu Gewinnmitnahmen veranlasste. Dies verdeutlicht, wie hoch die Unsicherheit an den Aktienmärkten derzeit ist und unterstreicht die noch nicht abgeschlossene Bodenbildungsphase.
Von Unternehmensseite stehen keine Daten von marktbewegender Relevanz auf der Agenda. Auch die schwach erwarteten Quartalszahlen von Infineon sollten kaum Einfluss auf die Märkte haben. Vielmehr wird der Markt weiterhin sensibel auf die veröffentlichten Konjunkturdaten reagieren, von denen zu erwarten ist, dass sie den negativen Konjunkturtrend unterstreichen werden. Positive Impulse könnten von weiteren Details um die geplanten Rettungspakete weltweit ausgehen. Zwar ist man einhellig der Meinung, dass eine Rezession in den wichtigsten Volkswirtschaften nicht mehr verhindert werden kann, jedoch sollten diese Maßnahmen zumindest das Ausmaß des wirtschaftlichen Abschwungs begrenzen. Zwar besteht am Markt weiterhin die Hoffnung auf eine ausgiebige Jahresend-Rallye, angesichts der angeschlagenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sollte einer solchen jedoch nicht zuviel Bedeutung beigemessen werden - falls sie denn kommt.
RENTENMÄRKTE
Rückblick
Angesichts der sehr schwachen Konjunkturdaten setzte sich der Aufwärtstrend an den internationalen Rentenmärkten auch in der vergangenen Woche fort. Zu Wochenbeginn waren allerdings zunächst deutliche Kursverluste zu verzeichnen. Die Zusage eines milliardenschweren Rettungspakets für die Citigroup und die Ankündigung des designierten US-Präsidenten Barack Obama, ein neues Konjunkturpaket aufzulegen, reduzierte die Risikoaversion vieler Markteilnehmer und führte entsprechend zu Verkäufen sicherer Staatsanleihen. Angesichts der schlechten Daten zu Auftragseingängen und Konsum in den USA und den erneut stark rückläufigen Stimmungsindikatoren im Euroraum drehte das Sentiment jedoch wieder, sodass die Rentenmärkte ihren Aufwärtspfad fortsetzten.
Ausblick
Zwar ist bei den bereits sehr tiefen Renditen durchaus zwischenzeitlich Rückschlagpotenzial gegeben, die in dieser Woche anstehenden Konjunkturdaten sprechen allerdings eher für weiter steigende Kurse oder zumindest für eine Stabilisierung der Renditen auf tiefem Niveau als für einen deutlichen Kursrückgang. Auch die Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank, insbesondere der anschließende Kommentar, dürfte stützend wirken, da die EZB den Leitzins kräftig um 75 Basispunkte senken und weitere Zinssenkungen in Aussicht stellen dürfte. Mittelfristig wird für die Kursentwicklung entscheidend sein, wie lange sich die Rezession hinzieht und wie weit die EZB noch die Zinsen senken wird. Eine Senkung bis auf unter 2% halten wir im nächsten Jahr für realistisch, was weiteres Kurspotential für Staatsanleihen liefert.
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