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Mangelnde Recherche und fehlende Quellen Presserat rügt Sorgfaltspflichtverstöße

Geschrieben am 04-12-2008

Bonn (ots) - Der Presserat hat vier Zeitungen wegen Verstößen
gegen den Pressekodex öffentlich gerügt. Bei seinen jüngsten
Sitzungen in Bonn am 2. und 3. Dezember beanstandeten die beiden
Beschwerdeausschüsse des Presserats Verletzungen der
Sorgfaltspflicht, eine nicht ausreichende Kennzeichnung von Anzeigen
und die unangemessen sensationelle Darstellung eines
Flugzeugabsturzes.

Sorgfalt angemahnt
Eine öffentliche Rüge erhielt die SCHLESWIGER NACHRICHTEN. Sie hatte
falsche Informationen über einen Lokalpolitiker ungeprüft
veröffentlicht. In einem Bericht hieß es, der Politiker habe bei dem
Besuch eines Gefängnisses trotz Aufforderung seine Handys nicht
abgegeben und damit die Sicherheitsvorkehrungen missachtet. Erst in
der Sicherheitsschleuse hätten Kontrolleure drei Mobiltelefone bei
ihm gefunden. Tatsächlich aber hatte er seine Telefone unaufgefordert
abgegeben, die Sicherheitsschleuse wurde gar nicht benutzt. Die
Zeitung hatte die von Dritten herangetragene Information, die den
Politiker in der Öffentlichkeit in ein schlechtes Licht rückt, nicht
auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft. Diese fehlende Recherche wertete
der Ausschuss als groben Sorgfaltspflichtverstoß gegen Ziffer 2 des
Pressekodex.

Ziffer 2 - Sorgfalt
Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt.
Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik
sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren
Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn
darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder
entstellt noch verfälscht werden. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte
und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen.[...]

Ebenfalls wegen eines Verstoßes gegen Ziffer 2 wurde die HAMBURGER
MORGENPOST gerügt für einen Beitrag, der die Schließung eines
Geschäftes, in dem Bekleidung für die rechtsradikale Szene verkauft
wird, thematisierte. Hierin hatte sie unbelegte Gerüchte über die
Auflösung des Mietvertrags als Tatsachen in den Raum gestellt. Die
Zeitung suggerierte, u.a. in der Überschrift, dass sie Kenntnis über
die Einzelheiten des Vertrages habe, konnte dies aber nicht mit einer
Quelle belegen. Der Ausschuss wertete dies als schwerwiegenden
Sorgfaltspflichtverstoß.

Klare Kennzeichnung gefordert
Einen Verstoß gegen Ziffer 7 rügte der Presserat bei der ANGELWOCHE.
Die Fachzeitschrift hatte in mehreren redaktionell gestalteten
Beiträgen Produkte eines einzigen Angelbedarf-Herstellers
vorgestellt. Zwischen den einzelnen Beiträgen waren Anzeigen dieses
Unternehmens veröffentlicht. Der Beschwerdeausschuss erkannte in den
redaktionell gestalteten Veröffentlichungen werbliche PR-Beiträge,
die für den Leser nicht als solche erkennbar waren. Hier wäre eine
klare Kennzeichnung im Sinne der Richtlinie 7.1. notwendig gewesen.

Richtlinie 7.1 - Trennung von redaktionellem Text und Anzeigen
Bezahlte Veröffentlichungen müssen so gestaltet sein, dass sie als
Werbung für den Leser erkennbar sind. Die Abgrenzung vom
redaktionellen Teil kann durch Kennzeichnung und/oder Gestaltung
erfolgen. Im Übrigen gelten die werberechtlichen Regelungen.

Leichenfotos
Öffentlich gerügt wurde die BILD-Zeitung aufgrund der
Berichterstattung zum Absturz eines Flugzeuges im Himalaya, bei dem
auch zwölf deutsche Touristen starben. Die Zeitung hatte auf der
ersten Seite großformatig ein Foto der Unglücksstelle abgebildet, auf
dem verkohlte Leichen zu sehen waren. Im Innenteil wurden zudem Fotos
einiger Passagiere veröffentlicht. Dadurch wurde ein Teil der Opfer
identifizierbar. Durch den assoziativen Zusammenhang zwischen den
Abgelichteten im Innenteil und den anonymen Leichen auf der
Vorderseite wurden die Gefühle der trauernden Angehörigen verletzt.
In der Gesamtberichterstattung sah der Beschwerdeausschuss einen
Verstoß gegen die Ziffern 11 und 8 des Pressekodex. Ziffer 11
verpflichtet die Presse, "auf eine unangemessen sensationelle
Darstellung von Gewalt und Brutalität" zu verzichten, und grenzt in
Richtlinie 11.3 die Berichterstattung über Unglücksfälle und
Katastrophen deutlich ein:

Richtlinie 11.3 - Unglücksfälle und Katastrophen
Die Berichterstattung über Unglücksfälle und Katastrophen findet ihre
Grenze im Respekt vor dem Leid von Opfern und den Gefühlen von
Angehörigen. Die vom Unglück Betroffenen dürfen grundsätzlich durch
die Darstellung nicht ein zweites Mal zu Opfern werden.

Statistik
Insgesamt wurden in den zwei Beschwerdeausschüssen und dem
Beschwerdeausschuss zum Redaktionsdatenschutz 52 Beschwerden
behandelt. Dabei wurden neben den vier Rügen neun Missbilligungen und
neun Hinweise ausgesprochen. In vier Fällen war die Beschwerde
begründet, auf eine Maßnahme wurde jedoch verzichtet, da das Medium
der Beschwerde in geeigneter Weise begegnet war. In 18 Fällen wurden
die Beschwerden als unbegründet erachtet. In zwei Fällen hatten sich
mehrere Beschwerdeführer gegen dieselbe Veröffentlichung beschwert,
hier wird das Ergebnis jedoch nur einmal gezählt.

Originaltext: Deutscher Presserat
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/14918
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_14918.rss2

Pressekontakt:
Deutscher Presserat
Edda Kremer
Tel.: 0228 - 985720
Fax: 0228 - 98572 - 99
E-Mail: info@presserat.de


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