Wiesbadener Kurier: Polizei statt Brot (Kommentar zu Flüchtlingsstrom)
Geschrieben am 30-12-2008 |
Wiesbaden (ots) - Europäische Politiker klopfen sich gerne gegenseitig auf die Schulter, weil es in den vergangenen Jahren gelungen ist, die Zahl der Flüchtlinge aus afrikanischen Ländern zu senken. Die Außengrenzen vor allem in Spanien, dem beliebtesten Einreiseland der illegalen Zuwanderer, haben von ihrer Durchlässigkeit einiges verloren. Europa sucht sein Heil in der Abschottung, versucht sich das Problem lieber mit sicherheits- als mit entwicklungspolitischen Maßnahmen vom Hals zu halten. Mit der verstärkten Verlegung des Asylverfahrens in die Fluchtländer hält der reiche Kontinent die verzweifelten Menschen auf bequemer Distanz. Doch die Aufklärung in Zentren in Afrika über das Risiko der Flucht über das Meer wirkt offenbar weniger stark als die Angst, den ganz alltäglichen Hunger nicht zu überleben, wie der zuletzt wieder anschwellende Zustrom Illegaler auf die italienische Insel Lampedusa belegt. Jeder geglückte Fluchtversuch könnte bei den europäischen Einreiseländern die Bereitschaft untergraben, die Asylrechtsstandards hochzuhalten. Eine gefährliche Entwicklung, signalisiert sie den unter Armut leidenden Menschen doch, dass uns ihr Schicksal nicht wirklich unter den Nägeln brennt. Kurzfristig, und um die Lage in den europäischen Küstenländern zu entspannen, hilft die Aufstockung der Zuwanderungszahlen bei gleichmäßiger Verteilung der Flüchtlinge auf die EU-Länder. Das Grundproblem aber lässt sich nur mittelfristig und nur in den Herkunftsländern der Flüchtlinge lösen - mit Hilfe zur Selbsthilfe. Afrikanische Staaten fordern seit langem, den Kontinent in die Lage zu versetzen, sich selbst zu ernähren. Immerhin hat die EU inzwischen Programme zur Entwicklung dürreresistenten Saatguts und zur Verbesserung der Ackerböden aufgelegt - Jahre, wenn nicht Jahrzehnte zu spät. Die Bereitschaft, die Entwicklungshilfe maßgeblich aufzustocken, hält sich zudem weiter in Grenzen. Augen zu und durch wie wollen die reichen Staaten des Nordens diese Haltung den dahinsiechenden Menschen in Afrika erklären?
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