Südwest Presse: Kommentar zur Schuldenbremse
Geschrieben am 15-01-2009 |
Ulm (ots) - Die große Koalition ist dabei, Geschichte zu schreiben und ihre eigentliche Existenzberechtigung abzuliefern: Mit einer im Grundgesetz abgesicherten Schuldenbremse wird Schwarz-Rot die Politik verändern, indem es die Politik unters Joch des ökonomisch Gebotenen zwingt. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück sind dabei, den Konstruktionsfehler zu korrigieren, der der ersten großen Koalition bei der Einführung der antizyklischen Finanzpolitik unterlaufen war. Im Kern ist eine aktive Finanzpolitik darauf aus, dem wirtschaftlichen Auf und Ab entgegenzuwirken, um so in der Krise die Talfahrt abzufedern und den im Aufschwung auftretenden Inflationstendenzen die Spitze zu nehmen. Dazu nimmt sie im Abschwung Defizite hin, die sich daraus ergeben, dass die Steuereinnahmen zurückgehen, während die Ausgaben etwa wegen steigender Arbeitslosigkeit nach oben schnellen. Und sie versucht - wie jetzt mit den Konjunkturprogrammen -, die Kaufkraft der Verbraucher zu stärken sowie durch vermehrte staatliche Investitionen die Nachfrage zu stützen. Um die anschwellende Staatsverschuldung wieder abzubauen, ist im Aufschwung Sparen überragende Pflicht der Finanzpolitik. Doch genau davon wollte vor dem Amtsantritt des Duos Merkel/Steinbrück die Politik weder in Bonn noch in Berlin oder sonstwo in der Republik etwas hören. Dass die Allparteien-Schuldenkoalition dabei leichtestes Spiel hatte, geht auf die Kappe von Kurt Georg Kiesinger und Karl Schiller. Der Kanzler der Großen Koalition und sein Wirtschaftsminister glaubten 1967, man könne die Politik mit wachsweichen Sparvorgaben im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz zur Haushaltskonsolidierung im Aufschwung sowie mit einem Schuldendeckel im Grundgesetz bringen. Er legt fest, dass die Neuverschuldung die Höhe der Investitionen im Bundeshaushalt nicht überschreiten darf. Wie naiv diese Vorstellung war, sollte sich bereits beim ersten Sparversuch zeigen: Der damalige SPD-Finanzminister Alex Möller scheiterte am Widerstand von Herbert Wehner, seinerzeit Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, mit dem Versuch, im Aufschwung verstärkt zu sparen. Weil sich überdies der bisherige Schuldendeckel im Grundgesetz wegen der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit jederzeit locker unter Verweis auf das Stabilitätsgesetz aushebeln ließ, waren die Einfallstore in den Schuldenstaat stets sperrangelweit offen. Da sich aktive Finanzpolitik ohne beschleunigten Marsch in den Schuldenstaat augenscheinlich nur mit einem verfassungsrechtlich wasserdichten Sparzwang bewerkstelligen lässt, wurde ein im Grundgesetz verankerter Zwang zum Schuldenabbau im Aufschwung an dieser Stelle bereits in den frühen 90er Jahren gefordert. Damals war die Republik ebenfalls drauf und dran, in ihre bis dato schwerste Rezession zu rutschten. In diese Richtung geht jetzt endlich auch der Berliner Kassenwart, wenn er ins Grundgesetz schreiben will, dass künftig zumindest die Hälfte der wachstumsbedingten Steuermehreinnahmen in den Schuldenabbau fließen muss. Angesichts der gigantischen gesamtstaatlichen Verschuldung von 1,65 Billionen Euro führt indes kein Weg daran vorbei, nicht nur das gesamte zusätzliche Steueraufkommen in den Schuldienst zu stecken. Wenn in wenigen Monaten die Altschulden der DDR getilgt sind, dann sollte überdies auch der Gewinn der Bundesbank per GrundgesetzVorgabe in die Haushaltskonsolidierung investiert werden. Dies wird zwar auf Jahre hinaus den Gestaltungsspielraum der Politik im Kern beschränken. Doch um diesen Preis für jahrzehntelange Misswirtschaft kommt sie nicht herum.
Originaltext: Südwest Presse Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/59110 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_59110.rss2
Pressekontakt: Südwest Presse Lothar Tolks Telefon: 0731/156218
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
181050
weitere Artikel:
- Neue Westfälische: Kommentar zum Thema: Mord an Kardelen Bielefeld (ots) - Absolute Sicherheit vor solchen Verbrechen kann und wird es nicht geben. Keine Gesellschaftsordnung kann sie gewährleisten. Das ist angesichts von Morden an Kindern besonders schwer zu ertragen. Aber eine offene, liberale Gesellschaft kann keinen anderen Weg gehen. Vertrauen wir also in den Rechtsstaat und in seine Polizei. Sie wird jede Spur verfolgen, bis der Täter gefunden ist. Eltern sollten mit ihren Kindern sprechen über das, was in Paderborn geschehen ist, und darüber, wie man sich schützen kann. Originaltext: mehr...
- LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zu Stasi-Akten/Merkel - Leipzig (ots) - Von Armin Görtz. Stasi und kein Ende. Warum sollte es anders sein? Wenn die Deutschen sich noch immer auf die legendäre Teutoburger-Wald-Schlacht im Jahre 9 besinnen, dann werden sie ja wohl die Revolution von 1989 feiern dürfen, mit der auch der Ost-Geheimdienst besiegt wurde. Zugegeben: Das Römer-Gemetzel lässt sich konfliktfrei betrachten, weil von den Beteiligten nur bleiche Knochen zu finden sind, während Bedrücker und Bedrückte der DDR großenteils noch leben. Merkel zeigte gestern im Akten-Archiv Flagge für die Aufarbeitung. mehr...
- Berliner Morgenpost: Ein Fortschritt für die Schulen und die Kinder Berlin (ots) - Endlich einmal eine gute bildungspolitische Nachricht aus Berlin. Die Initiative Pro Reli hat schon eine Woche vor Ablauf der Frist offenbar genügend Unterschriften für einen Volksentscheid über die Einführung des konfessionellen Religionsunterrichts als gleichberechtigtes Wahlpflichtfach neben Ethik gesammelt. Es sieht so aus, als könnten die Berliner nun für eine echte Verbesserung des Schulunterrichts in der Hauptstadt stimmen. Womöglich am Termin der Europawahl, was für rege Beteiligung sorgen würde - und Berlins Regierendem mehr...
- Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) kommentiert: Bielefeld (ots) - Völlig durchgeknallt: Am Tag 20 ihrer Offensive gegen die Hamas im Gazastreifen haben die israelischen Streitkräfte Maß und Ziel total verloren. Sie beschießen ein UN-Depot mit 700 Schutz suchenden Zivilisten, treffen ein Krankenhaus mit Phosphorbomben und lassen das Pressezentrum von Gaza-Stadt nicht länger unberührt. Die Panzer rücken in die mit verängstigten Menschen überfüllte Stadt vor. Gut möglich, dass sie in der kommenden Nacht schon das Kommandozentrum der Hamas unter den Kellern des Schifa-Hospitals unweit mehr...
- Mitteldeutsche Zeitung: zu Stasi-Akten Halle (ots) - Niemals zuvor haben es Demonstranten vermocht, die gesamten Überlieferungen eines Herrschaftssystems nahezu vollständig zu sichern und jenen zugänglich zu machen, die vom staatlichen Sicherheitswahn betroffen waren. Natürlich ist der Inhalt der Akten oft schmerzhaft. natürlich haben sie Illusionen zerstört. Aber sie haben - und tun das noch immer - eben auch jenen bohrende Fragen beantwortet, deren Leben ruiniert worden ist. Und sie haben damit zur Einsicht beigetragen, dass man sich auch gegen Diktaturen wehren kann. Insofern mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|