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Börsen-Zeitung: Unbekanntes Terrain voraus, Kommentar von Jürgen Schaaf zur Zinssenkung der Europäischen Zentralbank

Geschrieben am 15-01-2009

Frankfurt (ots) - Die Wirtschaftskrise ist als bittere aber nicht
mehr zu leugnende Realität im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB)
angekommen. Während die Währungshüter sich lange trotz eigener
geldpolitischer Lockerungsübungen dagegen gesträubt hatten, sich zu
dem globalen Club der aggressiven Zinssenker zu bekennen, ist dies
nach der gestrigen Zinssenkung um weitere 50 Basispunkte auf 2,0%
anders. Nicht nur, dass nach dem um insgesamt 225 Basispunkte
gekappten Zins in nur drei Monaten die Fakten eine klare Sprache
sprechen. Auch die Kommunikation der "EasyB", wie Analysten mitunter
spotten, ist offensiver geworden.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hat zwar deutlich gemacht, dass
sich am Mandat der Notenbank nichts geändert hat. Nach wie vor sei
"die eine Nadel unseres Kompasses" die Sicherung von Preisstabilität
- und nicht etwa reine konjunkturelle Feinsteuerung, die
zinssenkenden Notenbanken mitunter unterstellt wird. Gleichwohl hat
sich aber die Richtung der Bedrohung für stabile Preise geändert.
Trichet betonte mehrfach, dass das Stabilitätsverständnis der EZB ein
Inflationsniveau von nicht nur "unter", sondern auch "nahe 2%"
vorsieht. Der Stabilitätsauftrag der EZB ist ein symmetrischer, und
derzeit besteht die Gefahr, dass sich die Teuerungsrate zu stark der
Nulllinie nähert.

Aber damit nicht genug. Ungewöhnlich deutlich hat Trichet
signalisiert, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht sei.
Im Februar, so die wenig verklausulierte Botschaft, werden die
Währungshüter noch einmal innehalten, um dann im März in bislang
unbekanntes Terrain vorzustoßen. Dann dürften weitere Zinsschritte
nach unten folgen.

Bislang zögerten die Frankfurter Notenbanker, über ein
Leitzinsniveau unterhalb des bisherigen Rekordtiefs nachzudenken.
Diese Bedenken hat Trichet ebenso offiziell ausgeräumt, wie er klar
gemacht hat, dass die Grenzen der Orthodoxie die EZB nicht daran
hindern werden, gegen die Gefahr einer Abwärtsspirale von sinkenden
Preisen und schrumpfender Wirtschaft vorzugehen. Das heißt, die EZB
hat ebenso wie die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) eine Reihe
weiterer Möglichkeiten, selbst wenn der Leitzins - das konventionelle
Mittel der Geldpolitik - ausgereizt ist. Die Botschaft ist
offenkundig: Sollte die Situation es erfordern, wird die EZB diese
Instrumente auch einsetzen.

(Börsen-Zeitung, 16.1.2009)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
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Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0


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