Westdeutsche Zeitung: Airbus-Notlandung im Hudson River = von Eberhard Fehre
Geschrieben am 16-01-2009 |
Düsseldorf (ots) - Das hat die Welt noch nicht gesehen: Ein 81 Tonnen schwerer Airbus setzt mit ausgefallenen Triebwerken und 155 Passagieren an Bord mitten in der Millionenstadt New York zur Notlandung auf dem Hudson River an - und was nach allen Erfahrungen in einer fürchterlichen Katastrophe hätte enden müssen, findet ein fast unglaubliches Happy End. Alle werden gerettet, kaum ein Passagier wird ernsthaft verletzt. "Das Wunder vom Hudson" ging um die Welt, und Amerika feiert seinen Helden und sich selbst. Der Mythos New York - die Wunden, die der 11. September geschlagen hat, sind kaum vernarbt - ist um ein phantastisches Kapitel reicher. Und auch das dicke Buch der amerikanischen Heldengeschichte hat eine Story mehr. Der neue amerikanische Held hat einen Namen: Chesly B. Sullenberger. Die ganze Nation sieht in der beispiellosen Leistung dieses Piloten auch den Hinweis darauf, dass es selbst in scheinbar ausweglosen Situationen noch Rettung gibt, wenn nur einer entschlossen, kühl und überlegt die Dinge in die Hand nimmt. "Das Wunder vom Hudson" weist so über das eigentliche Geschehen noch weit hinaus, wird von Politikern und Medien zum Symbol der Hoffnung überhöht: Die Probleme sind lösbar, wenn nur Tatkraft, Können und Entschlossenheit mobilisiert werden. Amerika, von Bankencrash, Wirtschaftskrise und glücklosen Kriegen zutiefst verunsichert, findet zurück zu sich selbst. Ein "Wunder", so wollen es viele Amerikaner sehen, das auch auf die Amtseinführung Barack Obamas ausstrahlt. Ein Zeichen, dass die neue Präsidentschaft unter einem guten Stern steht, ein Versprechen auf eine bessere Zukunft. Das ist nicht trotzig aufgesetzte Phrase, sondern ein Stück des alten Pioniergeistes, der diese Nation wohl immer ausgezeichnet hat. Der amerikanische Traum - in solchen Geschichten lebt er fort. Und das "Wunder vom Hudson" und Obama sind seine aktuellen Verkörperungen. Uns Mitteleuropäern, die wir uns doch so viel für eine vermeintlich gründliche Aufklärung zugute halten, mag diese Begeisterung etwas naiv erscheinen. Aber bei aller Distanz: Warum sollten wir nicht darauf hoffen? Setzen wir also auch auf das "Wunder vom Hudson" und darauf, dass es tatsächlich das neue Amerika symbolisiert.
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