Berliner Morgenpost: Berlin braucht Sarrazins Sparpolitik - auch ohne ihn - Kommentar
Geschrieben am 29-01-2009 |
Berlin (ots) - Berlin und seinem rot-roten Senat steht ein herber Verlust bevor. Was mehr oder weniger informierte Kreise schon lange kolportieren, wird nun offensichtlich Realität: Finanzsenator Thilo Sarrazin strebt in den Vorstand der Bundesbank. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit wird dem Wunsch des promovierten Volkswirts nach einem honorigen Karriereausklang als Notenbanker keine Steine in den Weg legen. Trotz all der grauen Haare, die Sarrazins provozierende Aussagen zu Hartz-IV-Menüs, schlechten Berliner Schülern und bleichen Beamten bei Wowereit und seinen Genossen haben wachsen lassen, dürften auch die meisten Sozialdemokraten den Abgang bedauern. Vor allem Klaus Wowereit dient der strenge Sparkommissar über Berlin hinaus als Ausweis eigener politischer Solidität. Für Sarrazin selbst ist es fast tragisch, dass sein siebenjähriger Kampf gegen den Berliner Ausgaben-Schlendrian am Ende nicht belohnt wird. Im Nachtragshaushalt 2009 muss er fast eine Milliarde Euro neuer Schulden ausweisen, vor allem infolge der Wirtschaftskrise und der Konjunkturpakete. Sarrazin bekennt offen, dass ihm dieser Rückfall in die roten Zahlen Unbehagen verursacht. Aber das Prinzip Sarrazin kann über den Termin seines Weggangs hinaus wirken. SPD und Linke werden bis zum Sommer die Eckpunkte des Doppelhaushalts 2010/2011 beschlossen haben. Wenn Wowereit und die SPD-Fraktion ihre Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel setzen wollen, müssen sie äußerste Finanzdisziplin einhalten. Laufen die regulären Ausgaben wieder aus dem Ruder, wären Jahre rot-roter Sparpolitik diskreditiert. Auf keinen Fall darf sich die Attitüde durchsetzen, in Zeiten von Milliardendefiziten seien ein paar Millionengeschenke für die eigene Klientel auch noch drin. Bisher haben die Sozialdemokraten solchen Impulsen einigermaßen widerstanden. Die sarrazinsche Schule feiert pädagogische Erfolge. Vor diesem Hintergrund wird Wowereit die Lücke Sarrazin halbwegs schließen können. Für die letzten zwei Jahre der Legislaturperiode braucht man eher einen Sachwalter als einen ambitionierten Neuling. Das Geld aus den Konjunkturpaketen sinnvoll auszugeben, ist Projektmanagement und keine große Politik. Vieles spricht deswegen für eine interne Lösung, etwa die Beförderung des Finanzstaatssekretärs Klaus Teichert oder einen Wechsel der Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer. Berlin muss auch nach Thilo Sarrazin so solide wirtschaften, dass die Stadt nicht wieder zur finanzpolitischen Lachnummer unter den deutschen Ländern wird. Ein seriöser Haushalt, der langfristig nicht mehr Geld verplant als hereinkommt, ist nicht nur das Werk eines Mannes, sondern auch Folge eines kollektiven Umdenkens in der Stadt. Thilo Sarrazin hat mit penetranter Erziehungsarbeit einen großen Anteil an diesem Reifeprozess. Es liegt an Klaus Wowereit und den Spitzen der Koalition, auch ohne ihren besten Mann das Geld zusammenzuhalten.
Originaltext: Berliner Morgenpost Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2
Pressekontakt: Berliner Morgenpost Chef vom Dienst Telefon: 030/2591-73650 bmcvd@axelspringer.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
183510
weitere Artikel:
- Westdeutsche Zeitung: Demenzkranke und ihre Angehörigen brauchen mehr Hilfe - Mut zu einer großen Reform in der Pflege = Von Wibke Busch Düsseldorf (ots) - In die Pflegepolitik ist Bewegung gekommen. Mit einer im vergangenen Sommer in Kraft getretenen ersten Reform stiegen die finanziellen Leistungen für Pflegebedürftige, die Berichte über die Heimprüfungen werden erstmals transparent, die stationären Einrichtungen in Zukunft bewertet. Die Grundlinie stimmt: Die Politik hat verstanden, dass mehr für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen getan werden muss. Der große Wurf blieb aber bislang aus. Mit der Neugestaltung des Pflegebegriffes könnte nun ein Durchbruch gelingen - mehr...
- Gehb: Neues Gesetz zur Terrorismusbekämpfung auf den Weg gebracht Berlin (ots) - Zu der 1. Lesung des Gesetzentwurfs der Koalitionsfraktionen des Gesetzes zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten (GVVG) erklärt der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Dr. Jürgen Gehb MdB: Mit dem heute in erster Lesung behandelten GVVG hat die Koalition erneut Verantwortungsbewusstsein und Lösungskompetenz unter Beweis gestellt. Der wirksame Schutz der Bevölkerung vor dem internationalen Terrorismus erfordert nach wie vor entschlossenes Handeln des Staates auch mehr...
- WAZ: Anti-Drogen-Kampf in Afghanistan - Beängstigend - Leitartikel von Norbert Robers Essen (ots) - Der Anti-Drogen-Kampf in Afghanistan ist eine der wichtigsten Herausforderungen für die Nato und die afghanische Regierung. Aus dem großflächigen Anbau von Schlafmohn und der unkontrollierten Einfuhr der Chemikalien, mit denen aus dem Nebenprodukt Opium harte Drogen hergestellt werden, ergibt sich eine beängstigende Heroinschwemme. Der Drogenanbau am Hindukusch geht uns alle an. Die Lösung ist (naturgemäß) weit komplexer als die Diagnose. Aber einige Punkte liegen auf der Hand. 1. Jeder Tag, an dem der afghanische Präsident mehr...
- WAZ: Der Eklat im Papstpalast - Welch ein geballtes Unvermögen - Leitartikel von Angelika Wölk Essen (ots) - Was da gerade in Rom, in den altehrwürdigen Mauern des Papstpalastes passiert ist, das ist mehr als ein schwerer Betriebsunfall. Mit der Aufhebung der Exkommunikation von vier traditionalistischen Bischöfen, von denen einer den Holocaust leugnet, hat der höchste Repräsentant der katholischen Kirche ein höchst weltliches Politikum ausgelöst. Das Verhältnis zu den Juden ist schwer belastet. Die entscheidende Frage lautet: Was hat der Papst gewusst? Gestern, fast eine Woche nach dem Eklat, äußerte sich der Kurienkardinal, mehr...
- Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zum Arbeitsmarkt Köln (ots) - Kein Grund zum Jammern MARKUS GRABITZ, Berlin, zur Arbeitslosenstatistik Einstweilen sind die kuscheli gen Zeiten am deutschen Ar beitsmarkt vorbei. Der kräftige Anstieg bei der Zahl der Jobsu chenden kann niemanden überraschen. Die Auftragslage in vielen Branchen ist seit Mo naten dramatisch eingebro chen, das kann auf Dauer nicht spurlos an der Jobstatistik vo rübergehen - wobei der deut sche Arbeitsmarkt im Vergleich zu dem anderer Länder sehr viel später auf den konjunktu rellen Einbruch reagiert hat. Dafür gibt mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|