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Das Land des Vergessens EKD-Dokumentation zu "Leben mit Demenz"

Geschrieben am 30-01-2009

Hannover (ots) - "Wer sind Sie denn?" Mit dieser Frage beginnt
eine neue Publikation der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD),
die am heutigen Freitag, den 30. Januar, veröffentlicht wird. In ihr
sind unter dem Titel "Leben mit Demenz" Beiträge aus
medizinisch-pflegerischer, theologischer und lebenspraktischer Sicht
zusammengestellt. Die 140seitige Broschüre, die als Nummer 98 der
Reihe EKD-Texte erscheint und eine DVD des Films "Ach Luise" enthält,
dokumentiert eine Tagung des Rates der EKD und der Leitenden
Geistlichen der Gliedkirchen aus dem Jahr 2008.

"Leben mit Demenz" ruft die Erfahrungen wach, die Familien mit der
Pflege ihrer an Demenz erkrankten Alten machen. Und diese Erfahrungen
sind häufig schmerzhaft. So wie ein Demenzkranker einen
fortschreitenden Gedächtnisverlust erleidet und nicht einmal mehr
seine nächsten Angehörigen wiedererkennt, so wird er seinerseits für
Familie, Nachbarschaft und Freundeskreis immer mehr ein Anderer und
Fremder. Die Frage "Wer sind Sie denn?" erinnert an peinigende
Situationen, in denen Angehörige ohnmächtig zur Kenntnis nehmen
müssen: Dieser Mensch, mit dem uns so viel an gemeinsamen
Erinnerungen verbindet, kennt uns nicht mehr, er ist uns wie
entzogen. Das Thema rückt dem Leser in einer anderen Hinsicht aber
noch näher: Denn die Erfahrungen mit dementen Menschen führen vor
Augen, was das Schicksal eines jeden werden kann. Und dies wird je
wahrscheinlicher, je älter man wird: Liegt das Risiko für Demenz in
der Gruppe der unter 70jährigen noch bei unter drei Prozent, so
steigt es bei den über 90jährigen auf weit über das Zehnfache an.

Die Wahl dieses Themas für die sogenannte Begegnungstagung von Rat
und Leitenden Geistlichen war ein Wagnis, bilanziert Hermann Barth,
Präsident des Kirchenamtes der EKD. "Aber der Verlauf der Tagung hat
gezeigt, dass solche Wagnisse 'not-wendig' sind - im ursprünglichen
Sinne des Wortes die Not wendend: weil sie die Mauer des Schweigens
um die Demenz einreißen und auf diese Weise helfen, die Angst vor der
möglichen eigenen Demenz und der Konfrontation mit dementen
Angehörigen und Freunden besser standzuhalten."

Der Band wird eröffnet von einer Einführung des Vorsitzenden des
Rates der EKD, Bischof Wolfgang Huber. "Wer sind Sie denn?". Mit
dieser Frage wurde er vor ein paar Jahren von Carl Friedrich von
Weizsäcker bei einer Tagung aus Anlass von dessen 90 Geburtstag
empfangen. "Ich versuchte, ihm unsere Verbindung zu erläutern; aber
ich hatte nicht den Eindruck, dass ihm viel dämmerte; fern und leer
war sein Blick ... Wenn auch das unendlich erscheinende Wissen, die
unbegrenzte Kombinationsfähigkeit, das erstaunlichste
Erinnerungsvermögen nicht vor Demenz zu bewahren vermag, bekommt
diese Krankheit etwas Unheimliches, was uns davor zurückscheuen
lässt, uns damit zu beschäftigen" (S. 9).

Von Hermann Barth stammt die Bibelarbeit über Psalm 31, von Peter
Hahne, stellvertretender Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios und
Mitglied des Rates der EKD, die Andacht über Psalm 71.

Das Wortprotokoll eines von der Professorin für Christliche
Publizistik in Erlangen, Johanna Haberer, moderierten Gesprächs ist
unter die Überschrift gestellt: "Und wenn dann die Lichter aufgehen
in seinen Augen". So äußert sich in dem Gespräch die Ehefrau eines
Demenzkranken in ihrer Antwort auf die Frage: "Ist Demenz eine
Lebenskatastrophe?" - "Natürlich ist es das ... Aber das heißt nicht,
dass das Leben mit Demenz darum sinnlos ist". Wenn ich sehe, "wie in
seinen Augen die Lichter hochgehen und er strahlt, dann ist er
zufrieden, und wenn er das ist, dann ist es für mich auch keine
Katastrophe mehr."

Einer der Hauptbeiträge des Bandes ist der Vortrag von Andreas
Kruse, dem bekannten Heidelberger Gerontologen, der in einem großen
Überblick nicht nur die Ursachen und Verlaufsformen der Demenz und
die Anforderungen an die Pflege demenzkranker Menschen beschreibt,
sondern auch die theologische These entfaltet: "Die Demenz
sensibilisiert für die Aufgabe, die Ordnung des Lebens mit der
Ordnung des Todes zu verbinden".

Der evangelische Sozialethiker Peter Dabrock stellt unter der
Überschrift "Patientenverfügung und Demenz" eine Reihe von
"theologisch-ethischen Reflexionen zwischen Menschenbildern und
Rechtsgestaltung" an. Er nimmt dabei auch zu aktuellen Fragen im
Zusammenhang der Bemühungen um die rechtliche Regelung der
Patientenverfügung Stellung.

Susanne Langer, Seelsorgerin im Bereich der Altenheimseelsorge,
behandelt einige wichtige Fragen zu "Demenz und Seelsorge". Darin
geht sie auch auf die Bedeutung der Spiritualität für Demenzkranke
ein.

Den Schlusspunkt der Sachbeiträge bildete auf der Tagung eine
Podiumsdiskussion zwischen Andreas Kruse, Susanne Langer und dem
Magdeburger Bischof Axel Noack, moderiert von Wolfgang Huber.

Schließlich ist noch ein Nachwort angefügt. Einige Wochen nach dem
Ende der Tagung kam es zu einer öffentlichen Debatte über Äußerungen,
die aus der Familie von Walter Jens über dessen Demenzerkrankung
gemacht worden waren. In dieser Situation richtete Wolfgang Huber
seinen Brief zum 85. Geburtstag von Walter Jens an dessen Frau. Inge
Jens antwortete, dankbar für einen Brief, "der den Blick auf das
lenkt, was von meinem Mann bleiben wird und was ihm keine Krankheit
und keine Demenz nehmen kann". Mit dem Einverständnis von Inge Jens
sind beide Briefe abgedruckt.

Dem Band beigefügt ist eine DVD des Films "Ach Luise". Irene Gräf,
Absolventin der Filmhochschule Köln hat ihn 2007 produziert. In einer
Vorfassung war auch dieser Film Bestandteil des Programms der Tagung.

EKD-Text 98 ("Leben mit Demenz") ist einschließlich DVD zu einem
Stückpreis von EUR 7,50 erhältlich beim Kirchenamt der EKD
(Herrenhäuser Straße 12, 30419 Hannover, Telefon: 0511/2796-460,
Email: versand@ekd.de).

Hannover, 30. Januar 2009

Pressestelle der EKD
Silke Römhild

Originaltext: EKD Evangelische Kirche in Deutschland
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55310
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55310.rss2

Pressekontakt:
Evangelische Kirche in Deutschland
Hans-Christof Vetter
Herrenhäuser Strasse 12
D-30419 Hannover
Telefon: 0511 - 2796 - 269
E-Mail: christof.vetter@ekd.de


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