Kein ausgewogener Energiemix ohne heimische Kohle
Geschrieben am 04-02-2009 |
Essen (ots) - Die Bundesregierung hat im energiepolitischen Teil ihres Jahreswirtschaftsberichts 2009 festgestellt: "Deutschland braucht einen breiten Energiemix einschließlich der heimischen Kohle. Die Alternative wäre eine noch größere Abhängigkeit von importierten Energieträgern." Nur bei der Kohle besteht hierzulande noch ein hohes Maß an Versorgungssicherheit. Für die heimische Kohle sprechen darüber hinaus noch weitere gute energie- und wirtschaftspolitische Gründe. Doch die Kohle im Allgemeinen und die heimische Braunkohle im Besonderen stehen im Fadenkreuz der Klimapolitik, die sie künftig immer stärkeren Belastungen unterwerfen wird. Falls sich die Vorstellungen bestimmter Umweltorganisationen durchsetzen würden, käme es sogar zum mittelfristigen Aus für die gesamte Kohlenutzung in Deutschland. Die energiepolitischen Folgen wären fatal. Die politischen Weichen sind derzeit ohnehin gegen eine langfristige Nutzung heimischer Steinkohle gestellt. In 2007 ist beschlossen worden, deren subventionierte Förderung (vorbehaltlich einer Revisionsklausel) zum Jahr 2018 zu beenden und auf ihren Beitrag zum Energiemix ganz zu verzichten. Eine Überprüfung des Auslaufbeschlusses müsste konsequenterweise unter Abwägung aller energiepolitischen Ziele und nicht nur unter klimapolitischen Aspekten erfolgen.
Entgegen landläufigen Behauptungen ist Deutschland kein energiearmes Land. Es verfügt zwar nur über relativ geringe eigene Mineralöl- und Erdgasvorräte, doch über einen großen Bodenschatz an Kohle. 99 % der inländischen Vorkommen an Energierohstoffen sind Kohlevorkommen, der größere Teil davon Steinkohle, der übrige Teil Braunkohle. Daher war die heimische Kohle auch lange Zeit die tragende Säule der deutschen Energieversorgung. Heute müssen bereits 70 % des Energiebedarfs in Deutschland durch Importe von Mineralöl, Erdgas, Steinkohle und Uran gedeckt werden. Durch die erneuerbaren Energien ist der Energiemix zwar etwas erweitert worden. Doch die heimische Kohle sichert noch immer 56 % der heimischen Primärenergiegewinnung (davon Braunkohle: 40 %, Steinkohle: 16 %) und 33% der inländischen Stromerzeugung (Stand 2007). Insgesamt deckt sie ein knappes Sechstel des Primärenergieverbrauchs in Deutschland. Demgegenüber liegt der Beitrag von Wind und Sonne hier bei gerade mal einem Prozent. Der mit der heimischen Kohle verbundene Bergbau hält den Zugang zu den Lagerstätten offen und sorgt noch immer für zehntausende Arbeitsplätze in Deutschland. Die heimische Kohle spielt daher für einen ausgewogenen Energiemix weiterhin eine sehr wichtige Rolle und bleibt eine "sichere Bank" gegenüber den Unwägbarkeiten an den internationalen Energiemärkten.
Wie wichtig diese Rolle sein kann, haben die Preisexplosionen an den internationalen Öl- und Energiemärkten im vergangenen Jahr sowie die jüngste Gaskrise gezeigt. Letztere ist zu Jahresbeginn 2009 durch den erneuten Erdgaskonflikt zwischen Russland und der Ukraine entstanden und hat fast zwei Wochen mitten in einem teilweise eiskalten Winter praktisch zu einem Embargo für einen Großteil der russischen Erdgaslieferungen nach Europa geführt. Diese Krise hat nicht nur aus der Perspektive der EU und mehrerer anderer Staaten zu einer "extrem ernsten Lage" (EU-Kommission) in der Energieversorgung geführt, sondern auch die außerordentlich große Abhängigkeit von Russland einmal mehr deutlich gemacht. Eine aktuelle Studie der Beratungsgesellschaft A.T. Kearney wurde vor diesem Hintergrund übertitelt: "Russland am Gashahn - Europa friert". Das gilt für Deutschland nicht minder. Nicht nur der Großteil der Erdgasimporte Deutschlands, das beim Erdgas zu über 80% importabhängig ist, stammt aus Russland. Mittlerweile decken Einfuhren aus Russland gut ein Fünftel des gesamten Primärenergieverbrauchs in Deutschland. Denn es ist inzwischen auch der führende Lieferant Deutschlands bei Mineralöl und Steinkohle.
Alternativen zu den Gasimporten aus Russland gibt es indes fast nur aus Förder- und Transitländern, die politisch eher als noch unsicherer einzustufen sind (Iran etc.) und die zudem mit Russland im Gas Exporting Countries Forum (GECF), der im arabischen Katar ansässigen internationalen Organisation der Erdgas exportierenden Länder, vereint sind. Die GECF wird von Experten bereits als Vorform eines "Gas-Kartells" bzw. einer "Gas-OPEC" eingestuft. Die Ausweitung des Gasanteils im Energiemix zulasten der heimischen Kohle steht daher in einem gravierenden Konflikt mit der Energiesicherheit. Auch die weit verbreitete Ansicht, mit dem Ausbau der regenerativen Energien könnte der Beitrag der Kohle und mit ihr jener der heimischen Kohle auf Sicht ersetzt werden, ist falsch. Verdrängten die Regenerativen die heimische Kohle, würde sich an der hohen Importabhängigkeit der deutschen Energieversorgung offensichtlich nichts ändern. Der geplante Ausbau der regenerativen Energien bis 2020 (auf einen Anteil von 20 % am Primärenergieverbrauch etc.) zielt in etwa auf eine Verdopplung des regenerativen Anteils gegenüber heute, was schon als sehr ehrgeizige Zielsetzung anzusehen ist und enorme volkswirtschaftliche Kosten verursacht. Allein die subventionsgleich wirkenden Differenzkosten in den Einspeisevergütungen gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (2008: rd. 5 Mrd. EUR) sind heute insgesamt - und auch je Kilowattstunde Strom gerechnet - schon mehr als doppelt so hoch wie die Steinkohlesubventionen hierzulande, die zu einem erheblichen Anteil Alt- und Stilllegungslasten mit enthalten. Gleichzeitig begünstigt gerade der Ausbau regenerativer Energien in der Stromerzeugung, vor allem die Windkraft, wegen der erforderlichen Regel- und Reserveenergie für die naturbedingten Verfügbarkeitsschwankungen ökonomisch stark den Zubau von Gaskraftwerken. Dadurch wird Kohle auch indirekt aus dem Energiemix gedrängt, und das Gas gewinnt zusätzliche Anteile an der Stromerzeugung. Die Versorgungsrisiken steigen also sogar mit den Regenerativen.
Andere klimapolitische Vorgaben, insbesondere die in der EU bis 2020 vorgesehenen weiteren Verschärfungen des Emissionshandels, tun ein Übriges, um die Kohleverstromung zugunsten von Regenerativen und Erdgas zurückzudrängen. Aus derartigen Gründen haben inzwischen mehrere Energieversorgungsunternehmen ihre Pläne für den Bau neuer Kohlekraftwerke in Deutschland auf Eis gelegt. Damit wird zugleich auch die Stromerzeugung auf Basis heimischer Kohle langfristig in Frage gestellt. Der Klimavorsorge wird mit dieser Entwicklung allerdings ein Bärendienst erwiesen, denn moderne hocheffiziente Kohlekraftwerke mit Clean Coal- und CCS-Technologie zur CO2-Abscheidung und -Speicherung könnten kostengünstigere Beiträge zur CO2-Minderung erreichen als die bloße Förderung regenerativer Stromerzeugung.
Unter anderen ökologischen Aspekten sind auch die Regenerativen durchaus problematisch. Ihr Ausbau auf breiter Front erfordert eine gewaltige Flächeninanspruchnahme, die vielfach Konflikte mit dem Natur- und Landschaftsschutz heraufbeschwört. Jüngstes Beispiel ist ein von Greenpeace mitgeplantes Wasserkraftwerk an der Weser, das massive Proteste von Naturschützern hervorgerufen hat. Bei der Energiegewinnung binden die Regenerativen viel mehr natürliche Ressourcen als das bei den sogenannten konventionellen Energien bisher der Fall ist. Nicht nur deshalb sind die Regenerativen auch so teuer. Unter dem Gesichtspunkt der globalen Knappheit der nichterneuerbaren Energieressourcen müssten die regenerativen Energien an sich zuerst Mineralöl und Erdgas ersetzen, nicht aber die Kohle mit ihren weltweit und gerade auch hierzulande viel größeren Vorräten.
Ein weiterhin ausgewogener Energiemix setzt in Deutschland deshalb auch künftig den Beitrag heimischer Kohle voraus. Dies erfordert allerdings aktive energiepolitische Maßnahmen. Die Politik ist hier in der Verantwortung und muss ihre Gestaltungsmöglichkeiten nutzen. Die Bundesregierung kann in der weiteren nationalen Energie- und Klimapolitik, insbesondere bei der Umsetzung des neuen EU-Klimapakets gezielt dafür Sorge tragen, dass der Energieträger Kohle nicht verdrängt wird und vor allem eine wesentliche Stromerzeugung auf Basis von Steinkohle wie Braunkohle erhalten bleibt. Speziell bei der heimischen Steinkohle wird der Deutsche Bundestag im Rahmen der für 2012 gesetzlich vorgesehenen Überprüfung des Auslaufbeschlusses entscheiden, ob der Steinkohlenbergbau in Deutschland - im Mix mit kostengünstiger Importsteinkohle - fortgeführt wird oder nicht.
Originaltext: GVSt Gesamtverband Steinkohle Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/54802 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_54802.rss2
Pressekontakt: Gesamtverband Steinkohle Andreas-Peter Sitte Rüttenscheider Str. 1-3 45128 Essen Tel.: 0201/801-4320 Fax: 0201/801-4262 E-Mail: andreas-peter.sitte@gvst.de
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