Systematisches Lesenlernen wurde zu lange vernachlässigt / Professor Dr. Wilfried Bos im Interview mit Perspektive: Bildung

Berlin (ots) - Heftig kritisiert der Leiter der IGLU-Studie,
Professor Dr. Wilfried Bos, im Interview mit Perspektive: Bildung,
dass erst jetzt die Leseförderung ins Zentrum von
Unterrichtsentwicklung rückt. Außerdem präsentiert er eine
interessante Erklärung dafür, dass in Bayern der soziale Hintergrund
weniger Einfluss auf den Schulerfolg hat als in anderen
Bundesländern.

Die internationale Grundschullese-Untersuchung IGLU belegt:
Deutsche Schüler werden besser. Zwei Probleme bestehen gleichwohl: Zu
viele Kinder verlassen die Grundschule ohne ausreichende
Lesekompetenz und Bildungserfolge hängen zu stark vom sozialen Status
der Eltern ab. Im Interview mit Perspektive: Bildung berichtet
Professor Bos über Tendenzen und Konsequenzen: "Bei allen guten
Ergebnissen in der Grundschule ist doch seit 2001 bekannt, dass ein
Großteil der Schüler auch in den Klassen fünf bis sieben
systematischen Leseunterricht braucht." Aber seit acht Jahren lasse
man das Problem schleifen.

Die nationale Erweiterungsstudie hat ergeben, dass der
sozioökonomische Status der Eltern in Bayern weniger Einfluss auf den
Schulerfolg hat als in anderen Bundesländern. Über das Warum, so der
Wissenschaftler, könne er vorerst nur spekulieren: "In Bayern wird
besonders stark auf schriftliche Leistung gesetzt. Ein Kind aus der
Mittelschicht, das sehr gut parlieren kann, hat also wenig Chancen,
schlechte schriftliche Leistungen durch mündliche Beteilung
auszugleichen." Wo mündliche Leistung stärker in die Benotung
einfließe, sei das anders. Dort brilliere das "Professorenkind, das
sich laufend meldet und dem Lehrer wunderbar ums Bärtchen reden
kann."

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