WAZ: Antisemitismus von Muslimen Alte Vorurteile - neue Konflikte - Leitartikel von Rolf Potthoff
Geschrieben am 23-02-2009 |
Essen (ots) - Möglicherweise waren wir zu sehr mit unserem eigenen Problem beschäftigt: Mit der Frage, warum trotz NS-Pogromen und Auschwitz der Antisemitismus auf deutschem Boden noch existent ist, gar in gebildeten Kreisen. Möglicherweise wirken auf uns die Konflikte und Kriege, die noch immer zwischen den islamischen Staaten und Israel toben, zu weit entfernt und sind daher ohne Bedeutung für unser alltägliches Leben. Vielleicht wurde deshalb bisher kaum Notiz genommen von dem Phänomen, mit dem sich nun eine Studie des Zentrums für Demokratische Kultur auseinandersetzt: dem Antisemitismus in Teilen der islamischen Bevölkerung.
Spätestens seit den außer Kontrolle geratenen Ausschreitungen islamischer Demonstranten bei den Duisburger Protesten gegen Israels Vorgehen in der Gazaregion jedoch müsste klar sein, wie sehr die Pro-blematik nach Europa, nach Deutschland hinüberreicht. Doch das hätte man schon wissen können, seit Moscheen und muslimische Gemeinschaften in vielen Städten entstehen und auch wieder Synagogen, weil auch die jüdische Gemeinschaft wächst. Das Konfliktpotenzial lag auf der Hand.
Besonders arabische, kurdische und türkische Jugendliche sind der Studie zufolge für antisemitische Denkweisen anfällig. Vor allem diejenigen, die sich als diskriminierte Minderheit fühlen und von der Gesellschaft als hier nicht gewollt ausgegrenzt. Da werden uralte rassistisch oder religiös begründete Vorurteile wieder lebendig oder von judenfeindlichen Provokateuren wiederbelebt. Das ähnelt im Übrigen dem Muster, das man auch im deutschen Antisemitismus und in neonazistischen (Jugend-) Gruppen vorfinden kann. Doch die aktuelle Nahost-Konfrontation verschärft jetzt gerade bei ideologisch aufgeladenen jungen Muslimen die Problematik um einiges mehr.
Selbst wenn nur ein kleiner Teil der drei Millionen Menschen muslimischer Herkunft in Deutschland antisemitisch gesonnen sein sollte, können wir nicht tatenlos bleiben. Für die Jugend ist zwar die Schule der geeignete Ort, um antisemitischen Tendenzen entgegenzutreten. Wichtiger noch ist aber die Hilfe durch Migranten-Organisationen und muslimische Verbände - denn das Wort aus dem eigenen ethnischen und religiösen Umfeld zählt mehr.
Muslimischer Antisemitismus muss aus ureigenem Interesse bekämpft werden: Dieses Land braucht keinen Schulterschluss von neonazistischem und muslimischem Judenhass und will auch kein Stellvertreter-Kampfplatz für Nahost-Konflikte sein.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
Pressekontakt: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Zentralredaktion Telefon: 0201 / 804-2727 zentralredaktion@waz.de
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