WAZ: Der Amoklauf - Die Explosion verhindern - Leitartikel von Christopher Onkelbach
Geschrieben am 11-03-2009 |
Essen (ots) - Sechzehn getötete Menschen, sechzehn Leben ausgelöscht. Von einem Irren, von einer missratenen Persönlichkeit. Von einem hasserfüllten Täter - oder muss man auch bei Tim K. - so ungern wir dies denken mögen - von einem Opfer reden? Bei allen Erklärungsversuchen, die Experten uns anbieten - es bleibt ein großes Nichtverstehen, eine lähmende Fassungslosigkeit, ein abgrundtiefes Entsetzen.
Wie ein junger Mensch zu einem kaltblütigen, grundlosen Mörder werden kann und wahllos tötet, angetrieben von unergründlichem Hass, das ist zunächst unbegreifbar.
Und doch bleibt kein anderer Weg als sich mit Erklärungsversuchen und Analysen diesen Taten zu nähern. Nur so lässt sich womöglich ein Grundmuster erkennen, eine Typologie des Täters. Und nur so ist es vielleicht möglich, Amoktaten zu verhindern. Deshalb können wir nicht Halt machen bei unserem verständlichen Entsetzen.
Rezepte gibt es keine. Doch was offensichtlich in den meisten Fällen fehlte, ist die nötige Aufmerksamkeit. Bei Eltern, die nicht wissen, was ihr Kind in seiner Freizeit treibt, die sich nicht interessieren für das Leben ihres Sohnes. Bei Mitschülern, die einen Außenseiter schneiden oder mobben. Bei Lehrern, die keinen Blick haben für die Nöte eines Schülers. Vertraut sich dieser dann einem Erwachsenen an, sucht seinen Rat und wird erneut abgewiesen, schmerzt dies oft mehr als Schläge oder Prügel. Die einen ziehen sich daraufhin in sich zurück, andere explodieren, wissen Kriminologen. Um nicht missverstanden zu werden: Hier geht es nicht um Verständnis, sondern nur darum, die Explosion zu verhindern.
Was wir brauchen, ist eine Kultur der Aufmerksamkeit, des Kümmerns, auch oder gerade in Zeiten, wo allenthalben der Druck auf den Einzelnen wächst. So können Missachtung, soziale Verwahrlosung und Kränkungen vermieden werden - und vielleicht potenzielle Täter vor einer Tat aufgefangen werden.
Doch zugleich braucht es klare Regeln. Im Elternhaus, in der Schule. Verfehlungen müssen nachvollziehbare Folgen haben. Es darf nicht unbeachtet bleiben, wenn Mitschüler drangsaliert oder gemobbt werden, wenn Morddrohungen kursieren. Lehrer müssen reagieren, ein vertrauensvolles Schulklima schaffen. Eltern sollten wissen, was im Kinderzimmer geschieht. Sie müssen den Medienkonsum ihrer Kinder kennen und kontrollieren. Und schließlich: Wie kann es legal, mehr noch: normal sein, dass ein Familienvater zig Schusswaffen besitzt?
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
Pressekontakt: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Zentralredaktion Telefon: 0201 / 804-2727 zentralredaktion@waz.de
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