Berliner Morgenpost: Deutschlands Rentner mussten lange warten - Kommentar
Geschrieben am 16-03-2009 |
Berlin (ots) - Die Renten steigen, mitten in der schweren Wirtschaftskrise, so stark wie seit vielen Jahren nicht mehr. Die 20 Millionen Senioren profitieren zum einen davon, dass der Lohnanstieg des vergangenen Jahres nun zeitverzögert die Altersbezüge klettern lässt. Ein Teil der Erhöhung resultiert allerdings aus einer Manipulation an der Rentenformel. Die Koalition hatte im vergangenen Jahr den Regelmechanismus so verändert, dass 2008 und 2009 die Renten überplanmäßig steigen. Offensichtlich wollte die Regierung die bedeutende Bevölkerungsgruppe der Ruheständler vor der im Herbst anstehenden Bundestagswahl friedlich stimmen. Der Schritt hat also sehr viel mit politischer Taktik - und sehr wenig mit Sozialpolitik zu tun. Deshalb irrt Arbeitsminister Olaf Scholz gewaltig, wenn er die spürbare Erhöhung als Zeichen der Verlässlichkeit des hiesigen Sozialstaates bezeichnet. Der willkürliche Eingriff in die Rentenmechanik untergräbt vielmehr das Vertrauen in die staatliche Alterssicherung. Diesmal ging die Sache zugunsten der Rentner aus. Doch die werden kaum vergessen haben, dass es in den vergangenen Jahren auch schon unsystematische Kürzungen gab. Damals profitierten die Beitragszahler. Doch solche staatliche Eingriffe sind niemals fair. Nicht mit derlei Ad-hoc-Maßnahmen, sondern nur mit langfristigen Reformen lassen sich die Interessen zwischen Jung und Alt austarieren. Der von der Regierung für zwei Jahre ausgesetzte "Riester-Faktor", mit dem der jährliche Rentenanstieg gedämpft wird, ist mit gutem Grund in die Rentenformel eingefügt worden. Er gleicht aus, dass die gesetzliche Alterssicherung den heutigen Ruheständlern ein Versorgungsniveau garantiert, das die derzeitigen Beitragszahler nur noch erreichen werden, wenn sie zusätzlich privat vorsorgen. Der Riester-Rentenreform von 2001 war eine lange Debatte über Generationengerechtigkeit vorangegangen. Und das damalige Gesetz ging keineswegs einseitig zu Lasten der Älteren, sondern verteilte die Kosten der demografischen Entwicklung gerecht auf die Schultern aller Altersgruppen. Wenn Politik einmal anfängt, Rente nach Kassenlage zu zahlen, leistet sie den allseits befürchteten Verteilungskämpfen zwischen den Generationen Vorschub. Auch ohne die Manipulation an der Rentenformel hätten die Senioren in diesem Jahr - völlig berechtigt - eine reale Erhöhung bekommen. Denn die Altersbezüge sind an die Lohnentwicklung gekoppelt. Die Arbeitnehmer profitierten im vergangenen Jahr von dem damals noch robust scheinenden Aufschwung. Das Plus in den Lohntüten wirkt sich jetzt rentensteigernd aus. Auch ohne das Wahlgeschenk hätten die 20 Millionen Ruheständler ab Juli mehr Geld zur Verfügung und angesichts der anstehenden Senkung der Krankenkassenbeiträge - auf Kosten der Steuerzahler - und der niedrigen Inflation auch real eine deutlich Erhöhung, die man ihnen nach den vielen mageren Jahren gerne gegönnt hätte. Nun aber bleibt ein bitterer Nachgeschmack für die Beitragszahler - und für die Rentner die Gewissheit, dass Sparrunden folgen.
Originaltext: Berliner Morgenpost Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2
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