An Vielfalt gewonnen / Bonn hat 50 Jahre die Rolle als Hauptstadt gut und gern erfüllt - und präsentiert sich heute gestärkt in einer neuen Rolle
Geschrieben am 01-04-2009 |
Bonn (ots) - Das Provisorium währte schon 40 Jahre, und niemand glaubte, dass es in absehbarer Zeit enden würde. Doch es endete, im Grunde schon im November 1989. Und in Bonn freute sich jeder mit. Die Öffnung der Mauer und die Wiedervereinigung Deutschlands war ein Fest für alle Deutschen. Sie bedeutete eine Wende für die Politik - und eine Wende für die Bundeshauptstadt Bonn. Diese Rolle füllte die Stadt am Rhein mit dem ihr eigenen Charme weitere zehn Jahre aus, bis Parlament und Regierung 1999 endgültig nach Berlin zogen. Seit 1989 hat sich Bonn verändert, viele sagen positiv verändert.
Aus der Bundeshauptstadt ist die Bundesstadt geworden. Eine Stadt, die nichts von ihrer Internationalität verloren hat, die zu Zeiten der Botschaften entstanden war; eine Stadt, die als erster deutscher UN-Sitz zahlreiche weitere UN-Organisationen angesiedelt hat; eine Stadt, in der Wissenschaft und Wirtschaft zum Selbstbewusstsein beitragen; eine Stadt, die immer noch eine politische Rolle erfüllt und dies gern tut. 60 Jahre Bundesrepublik Deutschland und Grundgesetz, das hat sehr viel mit der Stadt am Rhein zu tun. Bonn ist die Stadt, wo alles begann, wo das neue Deutschland geboren und erwachsen wurde, und wo die ersten 50 Jahre der Bundesrepublik politisch gestaltet wurden.
Am 8. Mai 1949 nimmt der Parlamentarische Rat, der sich im Museum Alexander Koenig konstituiert und in der Pädagogischen Akademie getagt hat, das Grundgesetz mit 53 zu 12 Stimmen an. "Für uns Deutsche", verkündet Konrad Adenauer, Vorsitzender des Parlamentarischen Rates, "ist es der erste frohe Tag seit 1933." Zwei Tage später entscheidet sich das Gremium für Bonn als vorläufige Hauptstadt. Keine unumstrittene Wahl. Bevor die endgültige Abstimmung im Bundestag stattfindet, hat die Hauptstadtkommission des Parlamentarischen Rates die Bewerber Bonn, Frankfurt, Kassel und Stuttgart gründlich geprüft. Am 3. November bestätigt der Deutsche Bundestag das Votum des Parlamentarischen Rates für Bonn mit 200 gegen 176 Stimmen. Das Grundgesetz wird bereits am 23. Mai 1949 verabschiedet. "Die Entscheidungen für Bonn als Standort, für Konrad Adenauer als Präsidenten des Parlamentarischen Rates und späteren ersten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland und für die parlamentarische Demokratie des Grundgesetzes haben die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wesentlich geprägt", sagte Bundestagspräsident Norbert Lammert 2008 bei einem Festakt im Museum Koenig.
Die Politik prägt fortan das Bild in Bonn. Bundesbauten entstehen vor allem entlang des Rheins, mit dem Bundestag und Bundesratsgebäude an erster Stelle. Das Parlaments- und Regierungsviertel zwischen B 9 (ehemalige "Diplomatenrennbahn") und Rhein entsteht. Doch eigentlich verteilt sich "der Bund" in Bonn auf die ganze Stadt. Denn mit der Politik zieht nach und nach auch die Diplomatie hier ein. Botschafter lieben ihre Residenzen am Rhein, Menschen aus aller Welt genießen das Leben "in der nördlichsten Stadt Italiens", so ein beliebtes wie geflügeltes Wort, mit Piazza (Marktplatz) und Barock-Kulisse (kurfürstliche Schlösser). Die Amerikaner bauen gleich ein eigenes "Dorf" für ihre Botschaftsangehörigen und deren Familien, die amerikanische Siedlung in Plittersdorf. Die heißt heute noch so, auch wenn die Amerikaner wie fast alle anderen Botschaften längst in Berlin sind. Leben am Rhein ist für Bonner wie für Menschen aus aller Welt weiter attraktiv.
Die Politik inklusive Staatskarossen und Straßensperren für Staatsgäste prägt wochentags das Bild. Am Wochenende ist das Regierungsviertel wie leer gefegt, die Abgeordneten zieht es nach Hause in die Heimat der Wahlkreise - wie heute in Berlin. Die Bonner nehmen das stets mit rheinischer Gelassenheit hin, den Trubel ebenso wie die Ruhe, Demonstrationen gegen politische Entscheidungen ebenso wie Staatsbesuche für völkerverbindende Freundschaften. John F. Kennedy war ebenso hier wie viele andere US-Präsidenten; sowjetische Machthaber in Zeiten des Kalten Krieges ebenso wie Deutschlandfreund und "Geburtshelfer" der Wiedervereinigung Michail Gorbatschow.
Das Regierungsviertel hat sich heute auch sichtbar verändert. Neben dem Langen Eugen mit dem UN-Logo ragt der Post Tower als sichtbarstes Zeichen der wirtschaftlichen Kraft Bonns in den Himmel. Die internationalen United Nations sowie die Weltkonzerne Deutsche Post DHL und Deutsche Telekom bestimmen das Bild, ergänzt vom Weltsender Deutsche Welle. Die historischen ehemaligen Landesvertretungen beherbergen weitere Firmen und Büros, leer gefegt ist die Gegend auch am Wochenende nicht mehr. Im Gegenteil: Parkplätze sind immer knapp. Wer hier arbeitet, der lebt größtenteils auch in der Stadt am Rhein. Nicht direkt im Regierungsviertel, aber in einem der 33 "Dörfer" mit vielfältigem Charakter. Wo jeder fast jeden kennt, und ein Schwätzchen beim Bäcker zum Samstagmorgen gehört. Bonn war trotz seiner 315 000 Einwohner nie monolithische Großstadt. Aber gerade das lieben Einheimische wie Zugezogene.
Was schon immer da war (genauer seit 1818) und alle Stürme, auch die politischen mit Großdemos auf der Hofgartenwiese ("Friedenswiese"), überdauert hat, das sind Universität und Wissenschaft. Sie haben gerade mit dem Umzug von Parlament und Regierung nach Berlin einen neuen Anstoß erhalten. Wertschätzung und Auszeichnung für Wissenschaft und Forschung sind noch einmal ein Stück gestiegen. Mehr als 30 000 Studentinnen und Studenten prägen das Bild vor allem in der Innenstadt mit dem kurfürstlichen Schloss und in der Südstadt mit seinen unzähligen Studentenbuden. Hochmoderne Forschungszentren wie CAESAR (Center for Advanced European Studies and Research) oder Life&Brain tragen den guten Ruf der Stadt weiter in die Welt. Drei Max-Planck-Institute haben ihren Sitz in Bonn genauso wie vier Fraunhofer Institute in der umliegenden Region. Die Universitätsstadt Bonn liegt mit Köln und Aachen in der dichtesten Wissenschaftslandschaft Europas.
Bonn hat an Selbstbewusstsein gewonnen, seit das Kapitel Bundeshauptstadt ein Ende hat. Denn die Stadt definiert sich vielfältiger und hochkarätiger, seit es nicht mehr nur um große Politik geht. Den Titel Bundesstadt trägt Bonn dennoch mit Stolz. Denn er steht nicht nur für die weiterhin politische Rolle mit den Hauptsitzen von sechs Ministerien, sondern auch für die wichtige Rolle, die diese Stadt beim Erwachsenwerden der deutschen Demokratie gespielt hat. Bonn ist die Stadt, wo alles begann, wo die Demokratie erstmals in der deutschen Geschichte funktioniert und sich gefunden hat, wo das Grundgesetz mit Leben gefüllt wurde, und wo die Verfassung mit dem wiedervereinigten Deutschland ihren vorläufigen Charakter endlich verloren hat. Die "Bonner Verfassung" bildet auch heute noch die verfassungsmäßige Architektur der so genannten Berliner Republik.
23. Mai: Bonn feiert 60 Jahre Demokratie und Freiheit
Die Geburtsstadt der deutschen Demokratie feiert die 60 Jahre deutscher Nachkriegsgeschichte im Mai und im September 2009. Am 23. Mai findet die "Lange Nacht der Demokratie" zwischen altem Regierungsviertel, UN Campus und Museumsmeile statt. Verbunden mit dem Museumsmeilenfest und dem ersten Bundes-Big-Band-Festival öffnen nicht nur die Bonner Museen. An erster Stelle steht das Museum Koenig. Die 1949 schon berühmt gewordenen Giraffen und Zebras stehen auch heute noch in dem Zoologischen Forschungsmuseum. Das damalige Amtszimmer von Konrad Adenauer im Museum wird geöffnet. Die Türen der Bundeskunsthalle, des Hauses der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, des Kunstmuseums Bonn und des Deutschen Museums Bonn sind bis in die Nacht geöffnet. Musik, Diskussionen und Installationen gehören zum Programm. In der Villa Hammerschmidt - "mein Bonner Dienstsitz" (Bundespräsident Horst Köhler) - wird es einen "Tag der offenen Tür" mit Bürgerfest und Live-Übertragung der Wahl des nächsten Bundespräsidenten geben. Auch das Palais Schaumburg, das ehemalige Kanzleramt, der Bonner "Kanzlerpark" und das World Conference Center Bonn werden geöffnet sein. Anlässlich des 60. Jahrestages der Konstituierenden Sitzung des Deutschen Bundestages am 7. September ist eine Sondersitzung des Bundestages in Bonn geplant.
Hinweis für die Redaktionen:
Das Presseamt der Stadt Bonn wird umfangreiches Material zum Thema 60 Jahre Bundesrepublik Deutschland und Grundgesetz, 20 Jahre Freiheit und Einheit und die Rolle Bonns in den 60 Jahren herausgeben. Neben verschiedenen Texten und umfangreichem Fotomaterial werden dazu auch Interviews mit Zeitzeugen und O-Töne für den Audio-Gebrauch gehören. Bitte melden Sie sich unter presseamt@bonn.de, wenn Sie Interesse an dem Material haben oder dieses zeitnah benötigen. Ab Ende April wird es unter www.bonn.de abrufbar sein.
Originaltext: Presseamt der Bundesstadt Bonn Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/75040 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_75040.rss2
Pressekontakt: Presseamt der Bundesstadt Bonn Friedel Frechen , Dr. Monika Hörig Stadthaus, Berliner Platz 2, 53103 Bonn Telefon: 0228/77 3000, Telefax: 0228/77 2468, E-Mail: presseamt@bonn.de
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