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Gemeinsame Erklärung zum G20-Gipfel - Auf Strategie zur Krisenbewältigung einigen - Bankbilanzen bereinigen - Verbindliches Regelwerk für weltweite Finanzmärkte schaffen

Geschrieben am 01-04-2009

Berlin (ots) - Anlässlich des G20-Gipfels der Staats- und
Regierungschefs am 2. April in London erklären BDI, Bankenverband und
BGA:

Die Staats- und Regierungschefs stehen vor ihrem Gipfeltreffen in
London vor schwierigen Herausforderungen. Notwendig ist eine klare
gemeinsame Strategie sowohl mit Blick auf die Stabilisierung der
aktuellen Situation an den Güter- und Finanzmärkten als auch auf die
mittel- und längerfristig zu lösende Aufgabe der Stärkung des
Regelwerkes für die Finanzmärkte.

Bei der Koordination wirtschaftspolitischer Maßnahmen sind
zentrale Grundregeln zu beachten:
- Festhalten am Prinzip offener Märkte und des Freihandels;
- Einigung auf den geordneten Abbau der internationalen
Ungleichgewichte auf der Basis einer koordinierten Maßnahmenplanung;
- Vereinbarung international abgestimmter Maßnahmen und Absage an
unkoordinierte Schritte und fallweise Stützungsmaßnahmen;
- Verständigung über die rasche Beendigung der Ausgabenprogramme und
die Rückkehr zur Haushaltsdisziplin auf der Basis einer koordinierten
"Exit-Strategie".

Stabilisierung des Bankensektors

Die Liquiditätspolitik der Notenbanken und staatliche Maßnahmen
zur Rekapitalisierung von Banken sowie zur Bereitstellung von
Emissionsgarantien haben einen "Fadenriss" bei der Versorgung der
Wirtschaft mit Finanzmitteln bislang verhindert. Das Vertrauen
zwischen den Banken ist allerdings noch nicht wieder zurückgekehrt.
Die Unsicherheit über weiteren Wertberichtigungsbedarf könnte
letztlich die Kreditversorgung der Wirtschaft insgesamt bedrohen.
Deshalb muss alles getan werden, um das Finanzsystem zu
stabilisieren. Hierbei ist die Bereinigung der Bankbilanzen um
Problemaktiva besonders dringlich.

Zentrale Aspekte der Finanzmarktregulierung

Die Europäische Union hat als gestaltende politische Kraft in der
Finanzmarktregulierung global an Einfluss gewonnen. Die Diskussion
zur Finanzmarktkrise in Europa war und ist wegweisend für
internationale Schlussfolgerungen - etwa der G20 oder im Forum für
Finanzstabilität (FSF). Bei Änderungen des Regelwerkes müssen
unbedingt die Rückwirkungen und die internationale Verflechtung der
Finanzmärkte beachtet werden. Gerade in der aktuell schwierigen Phase
darf nicht auf bewährte Instrumente der internationalen Kooperation
verzichtet werden.

 Eigenkapital stärken - Prozyklik dämpfen
Eine Stärkung der Kapitalausstattung im internationalen Bankensystem
ist zu begrüßen und wird dazu beitragen, dass Banken auch in
Abschwungphasen nicht gezwungen sind, prozyklisch zu agieren. Diesem
Effekt risikosensitiver Kapitalanforderungen muss künftig mehr
Aufmerksamkeit gewidmet werden. Der Aufbau von Eigenkapitalpuffern in
guten Zeiten ("dynamic provisioning") sollte ernsthaft geprüft
werden. Bei darüber hinausgehenden Überlegungen zur Unterlegung von
Risiken mit Eigenkapital ist anstelle pauschaler Kapitalzuschläge an
konkreten Risiken anzuknüpfen. Die Einführung neuer
Kapitalanforderungen muss mit Gespür für die aktuelle Marktlage
erfolgen. Auch richtige Maßnahmen - zum falschen Zeitpunkt eingeführt
- können die Stabilität des Gesamtsystems oder dessen
Funktionsfähigkeit gefährden.

 Aufsichtsstrukturen ohne Regelungs- und Kompetenzlücken
Das bisherige Modell der reinen Kooperation europäischer
Aufsichtsbehörden reicht nicht mehr aus. Auch global muss die
Struktur der Aufsicht der Struktur des Marktes folgen. Globale Märkte
brauchen eine globale Aufsicht ohne Regelungs- und Kompetenzlücken
auf der Basis einer engen Koordination und Kooperation der
Aufsichtsbehörden. Positiv ist der Vorschlag, für
grenzüberschreitende Bankengruppen so genannte "Colleges of
Supervisors" einzurichten und der Aufsichtsbehörde des
Mutterinstituts dafür bestimmte Prozess¬steuerungskompetenzen
einzuräumen.

 Früherkennung von Krisen ausbauen
Die im Rahmen der Bankenaufsicht und der makroökonomischen Analyse
der Finanzmärkte erfassten Risiken und gewonnenen Erkenntnisse müssen
künftig enger miteinander verzahnt werden. Ein effizientes und
möglichst globales Frühwarnsystem muss die laufende Beobachtung von
Marktentwicklungen und die Einhaltung von Standards und Prinzipien an
den Finanzmärkten, vor allem aber auch konkrete Prozeduren bei der
Feststellung einer Krisenlage, umfassen. In diesem Netzwerk müssen
der Inter¬nationale Währungsfonds und das FSF eine zentrale Rolle
spielen. Dies erfordert klare Verantwort¬lichkeiten, die Einräumung
entsprechender Kompetenzen und die Bereitstellung ausreichen¬der
finanzieller Ressourcen. Auf europäischer Ebene besitzt die EZB den
Auftrag zur Wahrung der Finanzmarktstabilität. Die Deutsche
Bundesbank sollte auf nationaler Ebene gleichfalls mit einem solchen
Mandat ausgestattet werden.

 Ratingagenturen besser beaufsichtigen
Die Finanzkrise offenbart eklatante Schwächen der bisher
praktizierten Selbstregulierung der Ratingagenturen. Unerlässlich ist
eine formelle Registrierung und Beaufsichtigung der Agenturen.
Integrität, Unabhängigkeit und Transparenz der Ratingagenturen und
des Ratingprozesses müssen durch entsprechende Vorgaben ergänzt,
Interessenkonflikte vermieden werden. Regulatorische Eingriffe
sollten sich auf die Ratingprozesse beschränken.

Markttransparenz erhöhen
Die Eigenkapitalunterlegung muss mit höherer Markttransparenz über
die Risikosituation der jeweiligen Institute einhergehen. Verbesserte
Offenlegungsstandards, z. B. im Verbriefungsgeschäft und bei der
Tätigkeit von Hedgefonds, dienen dem nachhaltigen Risikobewusstsein
der Marktteilnehmer und der Krisenprävention. Zu wesentlichen
Sachverhalten internationaler Finanzgeschäfte liegen derzeit keine
aussagefähigen Daten vor. So fehlt es an einer Erfassung des
Gesamtleverage etwa bei Hedgefonds. Die Erhellung dieser Bereiche ist
dringend notwendig. Entsprechende Vorschläge zur Schaffung eines
globalen Kreditregisters und einer "Risiko¬landkarte" sind
unterstützenswert.

 Vergütungs- und Anreizsysteme anpassen
Erfolgsorientierte Vergütungssysteme dürfen nicht dazu führen, dass
übermäßig große Marktrisiken eingegangen werden. Verhaltenskodizes
sollen diesen Grundsatz unterstützen. Die enge Verknüpfung zwischen
Vergütungsanreizen und dem nachhaltig erzielbaren Erfolg des
Gesamtunternehmens muss hier die Leitlinie sein.

 Bilanzierungsregeln verbessern
Die Fair-Value-Bewertung in den IFRS bleibt grundsätzlich ein
angemessener und geeigneter Wertmaßstab zur Bereitstellung
transparenter Bilanzinformationen. Verbesserungsbedarf besteht jedoch
für Regelungen der Konsolidierung, der Anhangsangaben über die
Bewertung von Finanzinstrumenten und der Fair-Value-Bewertung in
inaktiven Märkten. Schließlich müssen die Bilanzierungsregeln
weltweit vereinheitlicht werden. Alleingänge oder Sonderlösungen in
Bilanzierungsfragen, etwa durch "Carve Outs", führen zum
Vertrauensverlust in die Bilanzen.

Fazit

Die Bundesregierung hat im Vorfeld des Gipfels auf ein gemeinsames
Herangehen der europäischen Seite hingewirkt. Das ist sehr zu
begrüßen. BDI, Bankenverband und BGA erwarten auf dieser Basis
konkrete Ergebnisse der G20, die letztlich die langfristigen
Wachstumschancen der Weltwirtschaft stabilisieren. Angesichts dessen
ist die klare Absage an Protektionismus ermutigend; sie sollte durch
ein klares Votum für einen erfolgreichen Abschluss der WTO-Doha-Runde
bekräftigt werden.

Die Verbesserung des Regelwerkes für die Finanzmärkte steht im
Zentrum der Vorarbeiten zum G20-Gipfel. Vor diesem Hintergrund ist
das vorliegende Papier unserer drei Verbände zu sehen. Der Leitsatz
der G20 "Kein Markt, kein Marktteilnehmer, kein Produkt ohne
angemessene Aufsicht und Regulierung" beschreibt dabei den richtigen
Ansatz. Zugleich muss klar sein: Zwischen dieser auf mittlere Frist
angelegten Aufgabe und der kurzfristig nötigen Stabilisierung der
Lage an den Finanz- und Gütermärkten besteht kein Widerspruch. Beides
muss erledigt werden.

Ansprechpartner:
BDI Dr. Jobst-Hinrich Wiskow (030) 2028-1450 j.wiskow@bdi.eu
Bankenverband Heiner Herkenhoff (030) 1663-1200
Heiner.herkenhoff@bdb.de
BGA André Schwarz (030) 590099-520 andre.schwarz@bga.de

Originaltext: BDI Bundesverband der Dt. Industrie
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6570
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Kontakt:
BDI Bundesverband der Dt. Industrie
Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Breite Straße 29
10178 Berlin
Tel.: 030 20 28 1450
Fax: 030 20 28 2450
Email: presse@bdi.eu
Internet: http://www.bdi.eu


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