Rheinische Post: Präsidenten-Größe
Geschrieben am 02-07-2006 |
Düsseldorf (ots) - Von Margarete van Ackeren
Wenn der Bundespräsident ruppig als "Besserwisser" beschimpft wird, zeugt das von einer unterentwickelten Achtung vor dem Staatsoberhaupt. Doch die Musterschüler-Manier, mit der jetzt FDP-Chef Westerwelle forderte, Kanzlerin Merkel müsse Horst Köhler vor Attacken aus der SPD in Schutz nehmen, dient dem vorgegebenen Anliegen auch nicht unbedingt. Gerade, wenn man den Rang des Staatsoberhauptes für unstreitig hält, kann man billige Kommentare auch dadurch entwerten, dass man sie ignoriert. Oder man kann sie - wie es CDU-Chefin Merkel mit ihrem Generalsekretär getan hat - von der Nr. 2 als schlechten Stil ächten lassen. Dabei wählt Westerwelle bei seiner Merkel-Kritik eine verräterische Parallele: Schröder hätte unziemliche Kritik aus dem bürgerlichen Lager an Johannes Rau nie hingenommen, klagt Westerwelle. Das mag stimmen. Nur schimmert hier die Vorstellung durch, es gäbe so etwas wie einen Präsidenten für Sozialdemokraten und einen für Bürgerliche und der jeweilige Regierungschef sei dann für die Verteidigung zuständig. Dein Präsident, mein Präsident? Ein Blick ins Grundgesetz belehrt: Der Präsident ist für alle da. Pflicht-Rituale der Präsidenten-Verteidigung nutzen nicht etwa seiner Größe, sondern schaden ihr.
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