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Neue Westfälische: Die Varusschlacht als umkämpftes Mega-Ereignis Das Ende jeder Vernunft MATTHIAS BUNGEROTH

Geschrieben am 17-04-2009

Bielefeld (ots) - Krieg ist eine blutige Sache, daran hat sich
auch 2.000 Jahre nach der Varusschlacht im Teutoburger Wald nichts
geändert. Der römische Geschichtsschreiber Tacitus beschreibt die
Szenerie auf dem Schlachtfeld im Jahr 9 nach Christus so: "Mitten auf
dem Felde lagen bleichende Knochen, zerstreut oder in Haufen, je
nachdem ob sie von Flüchtigen oder von einer noch Widerstand
leistenden Truppe stammen. Daneben lagen zerbrochene Waffen und
Pferdegerippe, an Baumstämmen waren Schädel befestigt."
Dieses blutige Gesicht des Krieges wird uns im Varusjahr in
vielfältiger Form wiederbegegnen. In Kunstwerken, durch
archäologische Ausgrabungsstücke, Theateraufführungen, Vorträge und
in vielen anderen Veranstaltungen wird das historische Ereignis so
ausführlich aufgearbeitet wie nie zuvor. Die Ausstellungsmacher
werden zeigen, dass es absolut keinen Grund gibt, die historische
Niederlage Roms im fernen Germanien ideologisch zu überhöhen, auch
wenn sie als Ausgangspunkt zur Entwicklung einer deutschen nationalen
und kulturellen Identität angesehen wird.
Ideenreich machen die Organisatoren an den drei Veranstaltungsorten
Detmold, Haltern am See und Kalkriese auf das völkerverbindende
Element des historischen Geschehens aufmerksam. Jugendliche aus
vielen Ländern Europas werden zu archäologischen Lehrgängen an
Originalschauplätzen eingeladen, internationale Theaterworkshops
finden statt. Menschen unterschiedlicher Nationalitäten werden sich
symbolträchtig im Schatten des Hermannsdenkmals in Detmold das Jawort
geben. Eine wunderbare Antwort auf Bestrebungen der rechtsradikalen
Szene, das Varusjahr für ihre Zwecke auszuschlachten.
Krieg fängt im Kopf an. Das gilt auch für die geistige
Auseinandersetzung um die Frage, ob die Varusschlacht tatsächlich bei
Detmold stattgefunden hat oder doch auf dem erst seit gut 20 Jahren
archäologisch untersuchten Gelände bei Kalkriese. Mit harten Bandagen
und übersteigertem Lokalpatriotismus kämpfen vor allem
Hobbyhistoriker darum, den Mythos Varusschlacht für ihr Sprengel zu
retten, und schrecken dabei auch vor Strafanzeigen gegen die
Ausstellungsmacher in Kalkriese nicht zurück.
Von diesen Attacken unbeeindruckt, arbeiten seriöse Historiker
ortsübergreifend zusammen an der akribischen Auswertung aller Spuren,
die das mehrtägige Gemetzel hinterlassen hat. Der Osnabrücker
Archäologe Achim Rost schreibt im neuen Ausstellungsband von
Kalkriese: "Die Frage der Identifizierung des Fundortes Kalkriese mit
der Varusschlacht steht dabei jedoch keineswegs im Vordergrund." Die
Antwort auf diese Frage sei zwar verständlich, jedoch zugleich
"oberflächlich und vordergründig".
Ein Alleinvertretungsanspruch Kalkrieses als Ort der Varusschlacht
sieht, unabhängig von einer offensiven Vermarktung des Schauplatzes,
anders aus. Dies sollten auch die Scharfmacher unter den
Hobbyarchäologen zur Kenntnis nehmen.
Krieg ist vor allem eins: das Ende jeder Vernunft

Originaltext: Neue Westfälische
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/65487
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_65487.rss2

Pressekontakt:
Neue Westfälische
Jörg Rinne
Telefon: 0521 555 276
joerg.rinne@neue-westfaelische.de


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