Berliner Morgenpost: Kommentar - Der Senat sollte auf die Kirchen zugehen
Geschrieben am 26-04-2009 |
Berlin (ots) - Die vergangenen Wochen und Monate waren gut für Berlin. Hunderttausende Menschen haben sich mit dem Thema Religion beschäftigt, haben ihre Unterschrift für ein Volksbegehren zur Stärkung des Religionsunterrichts gegeben und sind gestern zur Abstimmung über den Volksentscheid Pro Reli gegangen. Jetzt hat sich eine Mehrheit gegen das Anliegen der Bürgerinitiative und der Kirchen gestellt. Das mag damit zu tun haben, dass im eigenen, im bürgerlichen Lager bei weitem nicht die Mobilisierung erreicht wurde, die sich die Pro-Reli-Anhänger erhofft hatten. Das hat auch mit der Kampagne zu tun, die erst in den letzten Tagen massiv begonnen wurde. Um in einer grundsätzlich atheistisch geprägten Stadt zu bestehen, war das zu wenig. Gleichzeitig konnten die Pro-Ethik-Befürworter viele Tausende Menschen zu den Wahlurnen bringen. Das Ergebnis zeigt, wie gespalten die Stadt in der Frage des Religionsunterrichts ist. Ein souveräner Senat sollte jetzt versöhnen. Aber ist das möglich? Der Umgang des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) mit dem Thema war unsouverän. Er wollte die Abstimmung partout nicht auf den Europawahltag legen. Das kostet der Bürgerinitiative Stimmen und der ohnehin armen Stadt nun 1,4 Millionen Euro Steuergeld. Selbst das Urteil des Oberverwaltungsgerichts zur Neutralität des Senats will Wowereit nicht akzeptieren. Eine Regierung, die das Wohl der Stadt als Auftrag hat, muss auch den gesellschaftlichen Ausgleich suchen. Wie könnte das geschehen? Den Kirchen sollten größere Stundenanteile im Unterrichtsfach Ethik angeboten werden. Mehr Zeit, in denen sie bekenntnisorientiert ihre Grundlagen vermitteln. Hier könnte auch ein Konzept für einen Islamkundeunterricht eingebaut werden, der die Fanatiker nicht in die Schulen lässt. Dieser Religionsunterricht sollte zeitgleich zum staatlichen Ethikunterricht angeboten werden. Nach diesen getrennten Lehreinheiten würden die Schüler wieder zusammenkommen und gemeinsam über das Miteinander diskutieren. Aber dazu wird es wohl nicht kommen. Der Senat zeigte sich gestern nicht kompromissbereit. Das politische Berlin sollte überlegen, ob Volksentscheide in dieser Art wirklich die Demokratie stärken. Mit hohen Beteiligungshürden, mit Tricksereien um Abstimmungstage und dem umstrittenen Einsatz von Steuergeld. Die Politiker sollten noch einmal neu nachdenken. In der Hauptstadt regierte der Senat seit 1999 regulär für fünf Jahre. Damals wollte man aus den ständigen Wahlkämpfen heraus, um mehr Zeit für sachliche Entscheidungen zu haben. Mittlerweile hat sich aber gezeigt, dass es innerhalb einer Legislaturperiode durch die Volksentscheide sehr wohl wahlkampfähnliche Situationen gibt. Besser wäre es, die Legislaturperiode wieder zu verkürzen. Erstens, damit das Volk schneller über die Entscheidungen der Regierenden urteilen kann. Zweitens haben kürzere Perioden auch den Vorteil, dass die Regierenden vorsichtiger mit Sonnenkönigattitüden werden.
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