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Anthony Hopkins im Tele 5-Interview: "Nie wieder Hannibal"/ "Ich will keine Schurken mehr spielen"

Geschrieben am 04-05-2009

München (ots) -

- Querverweis: Bildmaterial wird über obs versandt und ist
abrufbar unter http://www.presseportal.de/galerie.htx?type=obs -

Oscarpreisträger Sir Anthony Hopkins im Tele 5-Interview über
Streits mit Regisseuren, seine schwierigste Rolle und den Segen des
Alters.

Tele 5 zeigt am 5. Mai um 20.15 Uhr 'Hearts in Atlantis' mit
Anthony Hopkins

Tele 5: Sie werden dieses Jahr 72. Das verändert auch die Rollen,
die beruflichen Möglichkeiten. Wie gehen Sie damit um?

Anthony Hopkins: Nun... Ich fühle mich ja nach wie vor jung, jung
im Herzen, obwohl ich alt werde. Ich bin ein bisschen sanfter
geworden. Ich denke, wenn man älter wird, wird man auch sensibler und
bekommt eine bessere Perspektive auf gewisse Dinge. Vor ein paar
Jahren habe ich herausgefunden, dass es der Regisseur ist, der die
Verantwortung für einen Film trägt. Davor habe ich mich immer mit
Regisseuren gestritten, zum Teil ganz schlimm, Schreiereien am Set
und so.

Wenn Sie auf sich selbst zurückschauen, wie Sie als junger Mann
waren: Würden Sie sagen, Sie waren ein Hitzkopf?

Ja, ein bisschen.

Sind Sie stolz darauf? Oder schämen Sie sich?

Ich bedaure nichts. Wenn man jünger ist, hat man eine Menge Ideen
und ist viel unsicherer. Die Schauspielerei ist eine Arbeit, die
unglaublich verunsichert, wenn man sich nicht völlig vor der
Außenwelt verschließt. Solche Typen kenne ich natürlich auch. Das ist
mir aber eher unsympathisch, dieses heilige Auf-hohem-Sockel-Sitzen.
Ich arbeite viel mit jüngeren Schauspielern zusammen und kann alle
ihre Unsicherheiten sehen. Ich mache mich darüber nicht lustig, weil
ich weiß, was sie durchmachen. Wenn man älter wird, denkt man: Es ist
nur ein Film, keine Gehirnoperation. Ich mache meinen Job, dafür
werde ich bezahlt, und ich bin immer gut vorbereitet. Wenn ich am Set
auftauche, bin ich entspannt und irgendwie läuft es dann schon. Ob
das Ganze dann gut oder schlecht wird, weiß ich nicht, ich war schon
in einigen schlechten Filmen, und habe trotzdem gut gespielt. Ich bin
vor vielen Jahren auf diesen Zug namens Show-Business aufgesprungen
und noch immer unterwegs. Es war also eine angenehme Reise.

Sie haben mal gesagt, Sie wären aus Dummheit Schauspieler
geworden, Sie hätten sich für nichts interessiert...

Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich habe wahrscheinlich nur
gesagt, dass ich nicht wusste, was ich nach der Schule machen sollte.
Darum bin ich Schauspieler geworden. Ich hatte keine besondere
Begabung. Akademisch war ich nicht gut. Ich war eher langsam. Andere
Kinder in der Schule taten sich viel leichter. Wir hatten einen, der
war ein richtiges Genie; ich weiß nicht warum, aber er endete als
Lastwagenfahrer. Ich hasste ihn! [Lacht] Er hat nie seine
Hausaufgaben gemacht und trotzdem alles gewusst. Ich hatte diese
Verstandesstrukturen nicht - wir sind alle anders, denke ich. Einige
sind Musiker, einige Lastwagenfahrer, Journalisten, Schauspieler...

Hat sich Ihre Herangehensweise an Rollen mit der Zeit geändert?

Ich habe seit jeher die gleiche Methode. Ich komme vom Theater.
Also lerne ich erst einmal die Dialogsätze. Ganz wörtlich, bis ich
jedes Wort auswendig kann. Ich lese das ganze Drehbuch höchstens
zweimal, dann geht es nur noch um meine eigenen Sätze. Ich versuche
so eine Art Rhythmus in meinen Kopf zu kriegen, und daran merke ich,
was gut funktioniert, und was noch nicht. Bei manchen Passagen denke
ich dann: "Das ist interessant", und überlasse ihnen das Feld, sie
können mich in neue Gegenden bringen. Mit der Zeit beginne ich dann,
mich wie ein anderer zu fühlen oder besser gesagt ein anderes Stück
von mir selbst zu benutzen.

Ist Rhythmus der Hauptweg, um sich Ihre Rollen anzueignen?

Ich vermute das. Ich analysiere das eher nicht, aber als kleines
Kind begann ich Klavier zu spielen. Eine Zeit lang wollte ich Musiker
werden. Das sage ich jetzt, im Rückblick - ich weiß nicht mehr, wie
sehr ich das wirklich wollte. Ich habe keinerlei Technik, aber das
Klavier spiele ich bis heute, und ich improvisiere gern.

Sie haben sich mit dem experimentellen Film 'Slipstream' auch als
Regisseur versucht

Das Script habe ich ohne alle Erwartungen geschrieben. Es war eine
Kreativitätsübung zum eigenen Vergnügen, einfach so, zur inneren
Befriedigung. Während ich es schrieb, dachte ich mir nur: Was soll
schon passieren, wenn ich ein schlechtes Script schreibe? Stecken sie
mich ins Gefängnis? Wenn man ohne Furcht oder Erwartungen ist, kann
man alles tun.

Haben Sie eigentlich ein Vorbild unter Ihren Schauspielerkollegen?

Unbedingt! Richard Burton war immer schon mein Vorbild. Er war
Waliser wie ich und kommt aus der gleichen Stadt. Ich wollte so
werden wie er.

Sie haben oft dunkle, abgründige Rollen gespielt: Natürlich
"Hannibal the cannibal", Hitler, den Glöckner von Notre Dame, Nixon,
Othello, Titus Andronicus, den König Heinrich II.... Welche war
bisher Ihre schwierigste Rolle?

Nixon. Ich wollte das erst nicht spielen. Da kam Oliver Stone nach
England, ich hatte schon abgelehnt, und er wollte mich trotzdem
treffen. Es war an einem Morgen im Hyde Park Hotel. Er sagte: "Du
kneifst, was?" Und ich hatte einen Augenblick der Klarheit: Ich
begriff, dass ich die Wahl hatte, in England zu bleiben und nette
langweilige Rollen in BBC-Filmen zu spielen, oder in die USA zu
fliegen und mit diesem verrückten Regisseur zu arbeiten. Und entweder
aufs Kreuz zu fallen, oder einen Erfolg draus zu machen. Ich dachte:
"Okay, ich riskiere es." Und ich erinnere mich, wie ich das Drehbuch
lernte und dauernd dachte: "Was habe ich getan? Was für ein
Alptraum!" Dann flog ich nach Kalifornien ins Studio, wir hatten die
ersten Proben, und ich begriff, dass ich mich in den Händen eines
großartigen Regisseurs befand.

Sie sind weltberühmt geworden als Hannibal Lecter. In der
Filmgeschichte wird das vermutlich die "Rolle seines Lebens" sein.
Ist Hannibal Lecter heute eine Bürde für Sie?

Ich bin eigentlich ein ganz glücklicher Mensch, darum will ich
nicht mehr so gern Schurken spielen. Mit Hannibal bin ich durch. Aber
ich denke, er wäre ein hochinteressanter Gesprächspartner beim Esssen
- vorausgesetzt, man ist dieses Essen nicht gleich selber. [Lacht
grimmig]

Interview: Rüdiger Suchsland

Textrechte: ©Presse Tele 5, Verwertung (auch auszugsweise)
honorarfrei nur bei aktuellem Programmhinweis auf Tele 5 und bei
Nennung der Quelle.

Originaltext: Tele 5
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Pressekontakt:
Für Rückfragen:
Tele 5 Pressestelle: Michaela Simon, Tel. 089-649 568-172, E-Mail:
presse@tele5.de
Informationen und Bilder zum Programm auch auf www.tele5.de in der
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