DStGB legt Rechtsgutachten zur Breitband-Offensive vor: Wachstumschancen nutzen - Regulierungsrahmen verbessern
Geschrieben am 06-05-2009 |
Berlin (ots) - Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert eine Breitbandoffensive für Deutschland, um insbesondere sicherzustellen, dass die "weißen Flecken" geschlossen werden. "Jeder Bürger und jedes Unternehmen - auch im ländlichen Raum - müssen Zugang zum schnellen Internet erhalten, sonst verspielen wir wichtige Wachstumschancen für Deutschland", sagte der Hauptgeschäftsführer des DStGB, Dr. Gerd Landsberg, heute in Berlin. Über 250.000 Arbeitsplätze könnte der flächendeckende Ausbau bringen und unsere Position als "Exportweltmeister" nachhaltig stärken.
Der jetzige Regulierungsrahmen behindert den schnellen Ausbau und muss deshalb geändert werden. Dies ist das Ergebnis des heute vom DStGB vorgelegten Rechtsgutachtens von Prof. Dr. Dr. Christian Kirchner, Humboldt-Universität zu Berlin.
Die Regelungen konzentrieren sich derzeit zu sehr auf die sog. "letzte Meile", um die sich die Wettbewerber in den Metropolregionen streiten. Im Gebiet der "weißen Flecken" muss zunächst einmal die Netzstruktur aufgebaut werden, um Wettbewerb zu ermöglichen. Dazu gehört zunächst, dass für Unternehmen, die den Ausbau vorantreiben, die Rechts- und Planungssicherheit erhöht wird indem die Fristen der Regulierungsentscheidungen auf fünf Jahre verlängert werden. Zusätzlich muss das Wettbewerbsrecht verändert werden, so dass Kooperationsmodelle ermöglicht werden. Damit könnten dann gemeinsame Investitionen zur Erstellung der Infrastruktur durch Unternehmen ermöglicht werden, die sonst als Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen miteinander im Wettbewerb stehen. Dabei geht es nur um projektbezogene Kooperationen auf der Infrastrukturebene. Die jetzige Rechtslage lässt dies nicht ohne weiteres zu, da die Unternehmen Gefahr laufen, gegen § 1 GBW zu verstoßen. Hier muss der Gesetzgeber handeln.
Auch das TKG muss nachjustiert werden. Die bisherigen Regulierungskonzepte sind allein auf den diskriminierungsfreien Zugang zu einem existierenden Netz ausgerichtet. Die Frage, wie sich die Gewährung eines solchen Zugangs auf den Ausbau der neuen Infrastruktur auswirkt, ist weitgehend ausgeklammert. Wenn ein Unternehmen, dass in ein neues Netz investiert, damit rechnen muss, dass andere Unternehmen, die kein Investitionsrisiko auf sich genommen haben nach Fertigstellung des Netzes ihr Recht auf diskriminierungsfreien Zugang geltend machen werden, ist die Investition ein hohes Risiko und begünstigt "Trittbrettfahrer". Notwendig sind deshalb Risikoverteilungsmechanismen (Risk-Sharing) die sicherstellen, dass bereits vor der Fertigstellung der neuen Breitbandinfrastruktur die Zugangsentgelte zwischen dem Investor und seinen Vertragspartnern ausgehandelt und vereinbart werden. Derartige Risikoverteilungsverträge können sicherstellen, dass nicht der Investor das Risiko allein trägt und andere Unternehmen ihre Entscheidung der Netznutzung nicht erst dann treffen, wenn sich gezeigt hat, wie die Endabnehmer reagieren. "Trittbrettfahren" wird so ausgeschlossen. Die Risikobeteilung hat den weiteren Vorteil, dass alle Vertragspartner ein starkes Eigeninteresse an einem aktiven Marketing der neuen Dienstleistung haben, die sie über das Netz anbieten wollen.
Bundesnetzagentur und der Gesetzgeber müssen schnell handeln. Das zeigt sich zum Beispiel an einer Entscheidung des Vorstandes der Deutschen Telekom, die das ursprüngliche Investitionsvolumen für den Breitbandausbau von 300 Millionen Euro um 100 Millionen Euro gekürzt hat.
Bei Umsetzung der vom DStGB unterbreiteten Vorschläge werden auch die Möglichkeiten der Städte und Gemeinden, sich zum Beispiel an Kooperationsverträgen zu beteiligen, oder durch Eigenleistung (Tiefbauarbeiten oder Nutzung von Leerrohren) zu engagieren, deutlich verbessert.
Der anerkannte Telekommunikationsexperte Prof. Dr. Dr. Christian Kirchner hat bereits erste konkrete gesetzliche Änderungsvorschläge formuliert die wie folgt lauten:
- § 2 Abs. 2 Nr. 3 TKG wird um folgenden Nachsatz ergänzt:
", insbesondere den flächendeckenden Ausbau leistungsfähiger Breitbandanschlüsse (Anschlüsse mit Übertragungsraten von mindestens 1 MBit/s.")
- § 28 TKG wird durch einen Abs. 3 ergänzt:
"Die Bundesnetzagentur stellt für Risikoteilungsverträge, die zwischen dem Netzbetreiber, der in neue Breitbandnetze investiert, und Unternehmen, die mit diesem ein Entgelt für den Netzzugang vereinbart haben, auf Antrag des investierenden Unternehmens die Nichtmißbräuchlichkeit nach § 28 fest. Risikoteilungsverträge sind insbesondere solche Verträge, in denen entweder ein Anfangszahlung für die Übernahme des Investitionsrisikos geleistet wird, oder solche, die für einen längeren Zeitraum abgeschlossen werden, oder solche, in denen Mindestabnahmemengen vorgesehen sind. Unter einer Investition in neue Breitbandnetze werden solche für den Neubau von Netzen mit einer Übertragungsrate von mindestens MBit/s verstanden als auch solche, die für die Umrüstung alter Netze auf eine solche Übertragungsrate getätigt werden."
- In § 31 TKG wird ein Absatz 7 mit folgendem Wortlaut eingefügt:
"Bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit eines nach Maßgabe des § 30 Abs. 1 Satz 1 genehmigungsbedürftigen Entgelts ist die Bundesnetzagentur nicht an die Obergrenze der Kosten der effizienten Leistungserstellung im Sinne von Abs. 2 gebunden, wenn das Netz, zu dem der Antrag auf Zugang im Sinn von § 21 Abs. 1 gestellt wird, ein neues Breitbandnetz im Sinne von § 28 Abs. 3 ist. Wird der Antrag von einem Unternehmen gestellt, das keinen Risikoteilungsvertrag im Sinne von § 28 Abs. 3 abgeschlossen hat, gestellt, so berücksichtigt die Bundesnetzagentur bei der Genehmigung des Entgelts einen Zuschlag, der unter der Annahme des vollen Investitionsrisikos und unter Berücksichtigung einer langfristigen Risikoverteilung durch den Netzbetreiber errechnet wird."
- In § 35 TKG Abs. 4 wird nach Satz 1 der folgende Satz eingefügt:
"Bei einer Entscheidung nach § 31 Abs. 7 legt die Bundesnetzagentur die Befristung entsprechend dem Antrag des regulierten Unternehmens fest. Die Höchstdauer der Befristung ist fünf Jahre."
Der Nachholbedarf an Breitband ist in Deutschland groß. Bei der Versorgung mit Breitband über DSL oder Mobilfunktechniken liegt Deutschland nur im Mittelfeld der Industrieländer. Bei der besonders schnellen Datenautobahn über Glasfaser sieht es noch deutlich schlechter aus. In Deutschland wurden rund 1 Prozent der Haushalte pro Jahr an das Glasfasernetz angeschlossen, in der EU sind es durchschnittlich 2,5 Prozent jährlich, in den USA sogar 10 Prozent. In Japan sind sogar 84 Prozent der Bürger an die schnelle Datenautobahn angeschlossen.
Eine Kurzfassung des von Prof. Dr. Dr. Christian Kirchner für den DStGB erarbeiteten Gutachtens findet sich auf www.dstgb.de (Rubrik Pressemeldungen).
Originaltext: Deutscher Städte- u. Gemeindebund Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53970 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53970.rss2
Pressekontakt: Kontakt:
Franz-Reinhard Habbel Sprecher des DStGB Tel.: 030/77307-225 E-Mail: Franz-Reinhard.Habbel@dstgb.de
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