"HERTHA BSC war kein Nazi-Club"
Geschrieben am 06-05-2009 |
Berlin (ots) - Erst spät hat sich der deutsche Fußball dazu entschlossen, seine oftmals problematische Rolle während der nationalsozialistischen Herrschaft aufzuarbeiten. Zu den wenigen Vereinen, die diese Aufgabe einem "professionellen" Zeithistoriker anvertrauten, gehört Fußball-Bundesligist HERTHA BSC. Unter dem Titel "Hertha unter dem Hakenkreuz" liegt die 288-seitige Studie über die Jahre von 1930 bis 1950 nunmehr als Buch vor und wurde im Rahmen einer Pressekonferenz am heutigen Mittwoch vom Autor Prof. Dr. Daniel Koerfer, Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse und Bernd Schiphorst, Initiator der Studie, vorgestellt.
HERTHA war 1933, als die Nazis die Macht antraten, eine bekannte Größe im deutschen Fußball. Die Mannschaft war 1930 und 1931 Deutscher Meister geworden und besaß mit Hanne Sobek einen der populärsten deutschen Spieler in ihren Reihen. Ob die Anpassung an das neue Regime problemlos und mit vorauseilendem Gehorsam verlief, ob es verdeckten Widerstand gab, wie die jüdischen Mitglieder aus dem Verein verdrängt wurden und welche Rolle der Fußball im Krieg spielte, diesen Fragen ist Daniel Koerfer, Historiker an der FU Berlin, in einer aufwändigen Recherche erstmals nachgegangen. Er stöberte alte Akten mit Vereinsinterna auf, befragte Zeitzeugen und verfolgte die Lebenswege von Tätern wie Opfern. Die Spuren führen bis nach Auschwitz, in die Speziallager der SBZ (Sowjetischen Besatzungszone) und in sowjetische Kriegsgefangenenlager.
Am Ende stellt er fest: HERTHA war kein Nazi-Club. Zwar wurde der Verein nach außen hin zumeist von Männern mit NS-Parteibuch repräsentiert. Doch unter dieser "braunen Hülle" blieb ein "blauer Kern", die funktionstüchtige Hertha-Familie, die sich der Nazi-Ideologie weitgehend entzog.
Koerfer "entdeckt" holländische Zwangsarbeiter in den Reihen des Vereins. Intensiv untersucht er die Rolle des langjährigen Vorsitzenden Wilhelm Wernicke, eines SPD-Mannes, der zwar nach 1933 offiziell in den Hintergrund treten musste, aber den Verein bis zum Ende der Hitler-Diktatur aus dem Verborgenen heraus maßgeblich weiterlenkte und nach der Verbotsphase 1948/49 den Wiederaufbau entscheidend vorantrieb. Am Terror der Nazis konnte auch Wernicke nichts ändern. Zu den Opfern des Regimes zählt der langjährige jüdische Vereinsarzt, Dr. Hermann Horwitz, der von der SS ermordet wird. Aber nicht allein sein Schicksal wird von Daniel Koerfer eindrucksvoll dokumentiert.
Insgesamt wird das Dritte Reich erschreckend lebendig vor der Kulisse eines proletarisch-kleinbürgerlichen Fußballvereins - Alltagsgeschichte der braunen Diktatur mit Herz für den kleinen Mann: Fesselnder Lesestoff nicht allein für Fußballfans, sondern für alle, die wissen wollen, wie es um das Leben im NS-Regime bestellt war.
Daniel Koerfer Hertha unter dem Hakenkreuz Ein Berliner Fußballclub im Dritten Reich 288 Seiten, gebunden, zahlreiche Fotos u. Dokumente ISBN 978-3-89533-644-7, Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2009 19,90 Euro.
Originaltext: HERTHA BSC GmbH & Co. KGaA Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/39410 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_39410.rss2
Pressekontakt: HERTHA BSC GmbH & Co. KGaA Pressesprecher Hans-Georg Felder Telefon: 030/300928-85 Fax: 030/300928-94 hans-georg.felder@herthabsc.de
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