LVZ: Ex-Verfassungsrichter Mahrenholz lobt deutsche Justiz für Verfolgung von NS-Verbrechern / Demjanjuk nicht den Prozess zu machen wäre Unrecht
Geschrieben am 13-05-2009 |
Leipzig (ots) - Der frühere Vize-Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Ernst Gottfried Mahrenholz, hat die Wachsamkeit der deutschen Justiz bei der Verfolgung von Nazi-Verbrechen gelobt. In einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" (Donnerstag-Ausgabe) sagte Mahrenholz: "Bis zum großen Ausschwitz-Prozess Ende der 50er Jahre war diese Frage eher lästig. Die Ausschwitz-Prozesse haben die große Wende in der öffentlichen und auch in der juristischen Aufmerksamkeit gebracht. Von da ab war die deutsche Öffentlichkeit aufgerüttelt." Von besonders positiver Bedeutung dabei sei die Zentralstelle der Länder zur Aufklärung von NS-Verbrechen sagte Mahrenholz auch unter Hinweis auf den aktuellen Fall des mutmaßlichen NS-Massenmörders John Demjanjuk: "Die Ludwigsburger Zentrale für die Verfolgung von Kriegsverbrechen hat außerordentlich effektiv gearbeitet." Mahrenholz verteidigte grundsätzlich die Vorbereitungen für ein Strafverfahren gegen 89-Jährigen Demjanjuk. "Es darf niemand ohne Verfahren davonkommen, der so schwerwiegender Taten beschuldigt wird." Die Hartnäckigkeit, mit der die deutsche Regierung die Auslieferung verlangt habe, zeige, dass es auch darum gehe, den Opfern und ihren Angehörigen gerecht zu werden. Fragen nach der Gerechtigkeit, einem kranken alten Mann den Prozess zu machen, sollten nach Auffassung des ehemaligen Verfassungsrichters mit einer Gegenfrage beantwortet werden: "Was ist ungerecht daran? Es wäre ein Unrecht, nur weil der Angeklagte alt ist, diesen Mann, der im dringenden Verdacht steht, Beihilfe zur Ermordung von 29 000 Menschen im Todeslager Sobibor geleistet zu haben, nicht vor Gericht zu stellen." Im Fall eines Urteils sei es dann auch nicht entscheidend, ob Demjanjuk in Haft käme. "Wenn er das nicht kann, dann muss der Staat damit leben. Vielleicht stellt sich am Ende heraus, dass er nur noch ein normaler Pflegefall wie viele 89-Jährige ist. Dann muss man ihn auch so behandeln." Es dürfe ihm wegen einer Verurteilung nicht schlechter ergehen. "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das gilt auch für Herrn Demjanjuk", sagte Mahrenholz.
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