Die Balance von Kontinuität und Wandel wahren 60. Jahrestag der Verkündigung des Grundgesetzes
Geschrieben am 20-05-2009 |
Hannover (ots) - Gemeinsame Erklärung des Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, und des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbishof Robert Zollitsch.
Die Geschichte des Grundgesetzes ist eine Erfolgsgeschichte in Frieden und Freiheit. Dankbar blicken wir heute auf diesen Zeitraum von 60 Jahren zurück. Aus den Erfahrungen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und des Zweiten Weltkrieges heraus haben die Mitglieder des Parlamentarischen Rates mit dem Grundgesetz eine Verfassung geschaffen, die eine wesentliche Grundlage der demokratischen und freiheitlichen Entwicklung Deutschlands darstellt.
Die Hervorhebung der Grundrechte am Beginn des Grundgesetzes und die Garantie von unveränderbaren Grundsätzen (Artikel 79 Absatz 3) waren keine beliebigen Entscheidungen, sondern eine programmatische Ansage. Der Grundrechtskatalog, an dessen Spitze die unantastbare Würde des Menschen steht, ist nicht nur für die Bürger unseres Landes identitätsstiftend, sondern wirkt darüber hinaus. So lautet auch der erste Artikel der Charta der Grundrechte der Europäischen Union: "Die Würde des Menschen ist unantastbar."
Die Frage nach der inneren Begründung der Menschenwürde stellt sich aber - gerade ange-sichts aktueller politischer und technischer Entwicklungen - immer wieder neu. Die Präambel des Grundgesetzes weist auf den Kontext dieser Frage, wenn sie die Verantwortung des deutschen Volkes vor Gott und den Menschen unterstreicht. Sie macht damit deutlich, dass staatliches Handeln nie absolut gesetzt werden darf und sich der Mensch vor einer Instanz zu verantworten hat, die über die staatliche Ordnung hinausgeht. Das Grundgesetz bildet mit seiner Bindung an eine so bestimmte Verantwortung, an Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit eine Wertordnung, die Wertvorstellungen der Gesellschaft nicht allein aufnimmt, sondern ihrerseits prägt.
Das Grundgesetz hat sich nicht nur im politischen Alltag bewährt, sondern auch in den Krisenzeiten unserer Demokratie sowie in Zeiten des Aufbruchs wie zum Beispiel bei der Wiederherstellung der deutschen Einheit als tragfähig erwiesen. Damit symbolisiert es zum einen politische und verfassungsrechtliche Stabilität; auf der anderen Seite hat es aber auch bewiesen, dass es neue gesellschaftliche Entwicklungen aufnehmen kann.
Diese Balance von Kontinuität und Wandel erfordert einen verantwortungsvollen Umgang mit den verfassungsrechtlichen Bestimmungen. Dies gilt für die Verfassungsorgane genauso wie für Bürger und gesellschaftliche Akteure. Das Grundgesetz erlaubt und ermöglicht eine behutsame Fortentwicklung und Fortschreibung, jedoch immer mit Augenmaß, um aus dem Grundgesetz nicht ein Stückwerk der Beliebigkeit zu machen, das die bewährte Verfassungsgrundlage unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung entwertet.
Zum Verhältnis von Staat und Kirche hat das Grundgesetz Regelungen getroffen, die - im Wissen um die Verschiedenheit beider und ihre grundsätzliche Trennung - ein fruchtbares Miteinander ermöglichen. Die Verfassungswirklichkeit stellt unter Beweis, dass die staatskirchenrechtlichen Regelungen auch in einer religiös pluralen Gesellschaft tragfähig sind und Grundlage einer positiven Ausgestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen auch für andere Religionsgemeinschaften bilden können. Eine wichtige Herausforderung für Gesetzgeber und Rechtsprechung bleibt es jedoch, auch in Zukunft die verschiedenen Dimensionen der Religionsfreiheit miteinander in Einklang zu bringen. Die Religion muss sich im öffentlichen Raum frei entfalten können, und die Freiheit des religiösen Bekenntnisses darf nicht hinter der negativen Religionsfreiheit zurücktreten.
Auch im Hinblick auf die Europäische Union hat sich das Grundgesetz in seinen Grundaus-sagen als für die Integration des Kontinents wegweisend erwiesen. Wir sind überzeugt, dass der Vertrag von Lissabon die Europäische Union demokratischer, transparenter und effizienter machen wird.
Gerade weil sich die Wertordnung des Grundgesetzes nicht selbst erhält, sondern auf Voraussetzungen aufbaut, die der Staat nicht selbst gewährleisten, aber durchaus fördern kann, bekräftigen wir aus Anlass des 60. Jahrestages der Verkündung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland, was der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland und die Deutsche Bischofskonferenz im November 2006 in ihrem gemeinsamen Wort "Demokratie braucht Tugenden" formuliert haben: "Die Kirchen werden auch in Zukunft für die freiheitliche Demokratie des Grundgesetzes eintreten, weil diese in besonderer Weise dem christlichen Menschenbild entspricht."
Hannover, 20. Mai 2009
Pressestelle der EKD Silke Römhild
Originaltext: EKD Evangelische Kirche in Deutschland Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55310 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55310.rss2
Pressekontakt: Evangelische Kirche in Deutschland Reinhard Mawick Herrenhäuser Strasse 12 D-30419 Hannover Telefon: 0511 - 2796 - 269 E-Mail: reinhard.mawick@ekd.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
204470
weitere Artikel:
- Präsident der Ärztekammer fordert Rationierung medizinischer Leistungen / DCCV-Vorsitzender Lümmen: "Geleitet von Reformunwilligkeit und Honorarinteressen. Dagegen werden wir kämpfen!" Berlin (ots) - Zu den Forderungen von Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe zur Eröffnung des 112. Deutschen Ärztetages am 19. Mai 2009 in Mainz nimmt der Vorsitzende der DCCV, Ditmar Lümmen, Stellung: "Nicht zum ersten Mal fordert Ärztepräsident Hoppe vehement den Einstieg in eine Rationierung von medizinischen Leistungen. Vor dem Hintergrund, dass in unserem Gesundheitssystem noch erhebliche Reserven vorhanden sind, bei deren konsequenter Nutzung massiv finanzielle Mittel eingespart werden könnten und trotzdem noch die Versorgung verbessert mehr...
- Neue Westfälische: KOMMENTAR An NRW-Schulen fehlen Tausende von Lehrern Geschönte Statistik PETER JANSEN,DÜSSELDORF Bielefeld (ots) - Mit dem Versprechen, den Ausfall von damals fünf Millionen Unterrichtsstunden zu halbieren und und neue Lehrer einzustellen haben Jürgen Rüttgers und die CDU vor vier Jahren die Landtagswahlen gewonnen. Jetzt fallen dem Ministerpräsident und seiner Regierung die damaligen Versprechungen und die seit ihrer Amtsübernahme auf Hochglanz polierten Statistiken über neue Lehrerstellen vor die Füße. Die vom Schulministerium präsentierten Zahlen belegen, was viele Eltern, viele Schüler tagtäglich erleben: es fällt weit mehr Unterricht mehr...
- Neue Westfälische: KOMMENTAR Ärztetag Welle im Haifischbecken PETER STUCKHARD Bielefeld (ots) - Welcher Politiker mag im Wahljahr 2009 sagen, dass nicht jeder Kassenpatient immer die beste Behandlung bekommt? Ärztekammervize und Gewerkschafter Frank Montgomery fordert, Ärzte müssten 10.000 Euro netto verdienen. Ulrich Weigeldt, Chef der Hausärzte, nutzt die Gelegenheit, um das spezielle Anliegen seines Verbandes publikumswirksam zu präsentieren. So geht es zu im Haifischbecken Gesundheitssystem. Jeder Diskussionsansatz geht in einer Kakophonie von Sonderinteressen unter. Dabei ist das anvisierte Problem nicht etwa mehr...
- Kölnische Rundschau: Zollitsch: Bewegen, was wir bewegen können Vorsitzender der Bischofskonferenz im Rundschau-Interview: Aufgaben des ZdK klären - Laien sollen "stärker in die Welt hineinwirken" Köln (ots) - Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, hat das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) an seine Aufgaben erinnert. Nach dem Eklat um die Ablehnung des Kandidaten Heinz-Wilhelm Brockmann für die ZdK-Spitze sagte Zollitsch, nun stünden Bischöfe und ZdK "vermehrt in der Pflicht, die Aufgaben des ZdK und das wechselseitige Verhältnis zu klären", sagte er der Kölnischen Rundschau (Donnerstagausgabe). Die Laien hätten Anteil an der ganzen Sendung der Kirche, doch sei "in mehr...
- Rheinische Post: Magna legt Konzept für Opel vor Düsseldorf (ots) - Der österreichisch-kanadische Autozulieferer Magna hat um 18 Uhr zusammen mit dem russischen Autobauer Gaz sein Übernahme-Konzept für Opel beim Bundeswirtschaftsministerium eingereicht. Das erfuhr die in Düsseldorf erscheinende "Rheinische Post" (Donnerstagausgabe) aus Unternehmenskreisen. Eine enstprechende Absichtserklärung, ein so genannter "Letter of Intent", sei um Punkt 18 Uhr gesendet worden, hieß es. Magna will mit Gaz und mit finanzieller Unterstützung der russischen Bank Sberbank die Mehrheit an dem angeschlagenen mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|