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Börsen-Zeitung: Arcandor in Not, Kommentar zum Spitzengespräch zwischen Metro und Arcandor von Inken Schönauer

Geschrieben am 21-05-2009

Frankfurt (ots) - Metro mischt sich ein. Nachdem das Thema
Karstadt für Metro lange eine Art Tabu war, steht plötzlich die Idee
einer "Warenhaus AG" ganz oben auf der Diskussionsliste. Dass sich
Metro einmischt, hat mit dem Arcandor-Antrag auf Staatsgarantien zu
tun. Metro weiß um die Chance der Bewilligung, denn es wäre auch
geradezu naiv zu glauben, im Jahr der Bundestagswahl würden
ausschließlich rationale Argumente für oder gegen eine Entscheidung
über Staatsgarantien zum Tragen kommen. Metro muss sich einmischen,
denn Deutschlands größter Einzelhandelskonzern ist von der
Entscheidung um Staatshilfe unmittelbar betroffen.

Bekommt Arcandor die Staatsgarantien, dann greift der Staat in den
Wettbewerb ein. Karstadt - oder Teile davon - wären ohne die
Staatsgarantien möglicherweise schneller günstig zu haben. Metro
könnte das eigene Kaufhof-Portfolio aufhübschen und so attraktiver
für den eigenen Verkaufsprozess machen. Vielleicht könnte Metro
ehemalige Karstadt-Filialen auch als Standorte für die expandierenden
Elektroniktöchter Media Markt und Saturn nutzen. Fest steht aber in
jedem Fall: Warum auch immer Metro den Vorstoß wagt, die Düsseldorfer
wollen weder Arcandor noch Karstadt im Zuge einer wie auch immer
gearteten Warenhausallianz retten. Warum sollten sie auch, und warum
sollte es eigentlich der Staat mit einer Bürgschaft?

Das Wort "systemrelevant" ist explizit nicht gefallen, aber
gemeint hat es schon so mancher. Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick
beispielsweise, als er aufgrund von mehr als 53000 Mitarbeitern in
Deutschland und über 20000 Lieferantenbeziehungen von einer
volkswirtschaftlichen Bedeutung sprach. Oder die diversen
Bürgermeister mittelgroßer Städte, wenn sie bei einem Rückzug von
Karstadt eine Verödung ihrer Innenstädte prognostizieren. Aber wie
relevant kann ein Unternehmen sein, das seit Jahren in
Schwierigkeiten steckt? Wie relevant kann dieses Unternehmen
ehrlicherweise sein, wenn zu wenig Kunden in die Häuser kommen und
stattdessen lieber bei einem Filialisten wie Esprit, H&M oder Zara
einkaufen gehen und die Stereoanlage im Internet bestellen? Was so
mancher offenbar noch nicht ganz verstanden hat, ist die Tatsache,
dass Verbraucher - auch während dieser Wirtschaftskrise - kaufen,
aber die Möglichkeit der Wahl schon lange nicht mehr als Qual
betrachten. Arcandor-Chef Eick hat recht, wenn er sagt, dass der
Arcandor-Konzern ohne die Finanzkrise nicht da stünde, wo er heute
steht. Aber die Frage ist doch, wie weit wäre Arcandor ohne die
Finanzkrise tatsächlich von dieser brenzligen Situation entfernt? Wer
jetzt der Bitte um Staatsgarantien zu schnell nachgibt, verkennt,
dass es Arcandor, auch als das Unternehmen noch KarstadtQuelle hieß,
versäumt hat, die Probleme zu lösen. Die Metro-Tochter Kaufhof, einst
selbst von ähnlichen Sorgen geplagt, verdient schon seit längerem
wieder ihre Kapitalkosten.

Viele Karstadt-Häuser sind seit Jahren in einem beklagenswerten
Zustand, und die Weiterentwicklung des Warenhauskonzepts ist in den
fünfziger Jahren stehen geblieben. Eick-Vorgänger Thomas Middelhoff
war über die operative Lage so verzweifelt, dass er an allem rund um
Karstadt schraubte, um den Konzern nicht zusammenbrechen zu lassen.
Verkauf von Immobilien, Veräußerung von Beteiligungen, Stärkung der
Reisesparte durch den Kauf von Mytravel und die Fusion und
Börsennotierung von Thomas Cook. Mit Karstadt selbst wollte er -
fernab des Heimatmarkts - das Heil im Ausland suchen.
Überkreuzbeteiligungen mit Franzosen und Italienern sollten die Idee
von Luxus-Warenhäusern internationalisieren. Herausgekommen ist dabei
nichts. Es hätte auch nicht viel geholfen, denn die Karstadt-Filiale
in der deutschen Provinz hätte es nicht einen Schritt vorangebracht.
Warum steht Hertie - bekanntlich ein Sammelsurium ausgemusterter und
unrentabler Karstadt-Filialen - denn vor dem Aus? Vielleicht auch
weil sie zu hohe Mieten zahlen muss, aber eben auch weil Hertie zu
wenig Kunden anzog.

Das klassische Warenhauskonzept hat seine Chance gehabt und
verpasst. Lange beklagten die Anbieter die Abwanderung der Kunden auf
die sogenannte grüne Wiese vor die Tore der Städte. Der Trend hat
sich gedreht. Längst sprechen Experten von einer Renaissance der
Innenstädte. Jüngstes Beispiel ist das Shoppingcenter "Frankfurt Hoch
Vier" mitten auf der Frankfurter Zeil. Diese Art der Kaufhäuser
stellt mittlerweile den Vollversorger. Das ist der Status, den die
Warenhäuser einst hatten und verloren. Hätten sie nicht selbst ihre
1-a-Lagen nutzen und die Warenhäuser in Shoppingcenter integrieren
können? Der ehemalige Karstadt-Chef Peter Wolf wurde im vergangenen
Sommer vor die Tür gesetzt, als er den Wandel von Karstadt-Häusern
vorantrieb und aus den Kramläden so etwas wie Premiumanbieter machen
wollte. Wolfs Ideen waren dem angeschlagenen Arcandor-Konzern zu
teuer und kamen sowieso viel zu spät. Arcandor wolle keine Geschenke,
sagte Arcandor-Chef Eick vor einigen Tagen zum Thema
Staatsbürgschaft. Die Politik sollte ihn beim Wort nehmen, denn es
darf tatsächlich keine Geschenke geben!

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Weitere Informationen: www.boersen-zeitung.de
Telefon: 069--2732-0


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