Rheinische Post: Kirchentag und Welt
Geschrieben am 24-05-2009 |
Düsseldorf (ots) - Von Jens Voss
Es gab viele Dinge, die man in sein Herz schließen konnte bei diesem Evangelischen Kirchentag in Bremen - das Kirchentagsvölkchen ist eben meist achtsam, guten Willens, offen für die Welt und den Himmel. Bremen hat aber auch gezeigt, dass dieses Milieu gut daran tut, sich dem scharfen Wind der Realität auszusetzen. Der Ruf nach mehr Gerechtigkeit war allgegenwärtig, aber zuweilen wohlfeil. Die Empörung über die Welt ging oft genug einher mit Abschottung vor den Regeln der Realität. Der (viel beklatschte) Ruf nach einem Ende des Wachstums etwa ist ökonomisch und ethisch fragwürdig, denn Armut entkommt man nur mit Wachstum. Man hatte den Eindruck: Da rufen und klatschen Wohlstandsverwöhnte. Deshalb war der Auftritt von Alt-Kanzler Helmut Schmidt so wichtig: ein Protestant, der als Politiker schlimme ethische Konflikte durchstehen musste; ein Mann guten Willens, der weiß, dass Realität nicht mit Rhetorik zu beeindrucken ist. So lange Leute wie er das Kirchentagsvolk dazu zwingen, sich der Realität zu stellen, wird dieses Ereignis viele Menschen anziehen. All die herzerwärmenden Begebenheiten tun es sowieso; als Glaubensfest funktioniert der Kirchentag wunderbar. Als Streitforum nicht immer.
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