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Yang Hengjun: "Jeder Blogger ist heute eine Art Tiananmen-Platz"

Geschrieben am 03-06-2009

Bonn (ots) -

Chinesischer Blogger beim Deutsche Welle Global Media Forum in
Bonn

Günter Nooke: Soziale Netzwerke für Peking "gewaltig und
gefährlich"

"Jeder Blogger ist heute eine Art Tiananmen-Platz", sagte der
chinesische Blogger Yang Hengjun am 3. Juni beim Deutsche Welle
Global Media Forum in Bonn. "Die chinesische Regierung hat die
Internetzensur in den vergangenen Jahren immer weiter verschärft,
nicht zuletzt durch die Unterstützung westlicher Unternehmen." User
und Blogger in der Volksrepublik stünden unter strenger Kontrolle,
viele Webseiten würden blockiert. Nach Schätzungen Hengjuns, einem
der bekanntesten Blogger in China, verfolgten rund 50 bis 100
Millionen Chinesen regelmäßig Blogs.

Sein eigener Blog, den er seit zwei Jahren betreibe, erreiche etwa
fünf Millionen Leser und habe sogar Fanclubs. Vor zwanzig Jahren, bei
den Protesten auf dem Platz des Himmlischen Friedens, habe es
lediglich 300 User in China gegeben. Die chinesische Gesellschaft
habe damals noch keine klare Vorstellung gehabt, was Demokratisierung
bedeute. Hengjun: "Das ist heute anders." Blogs seien die einzigen
Orte im Internet, die nicht zensiert würden. "Im Internet hat man das
Recht erlangt, das den Chinesen 1000 Jahre verwehrt wurde." Dadurch
werde Themen wie Menschenrechte und Demokratie zwangsläufig eher
Beachtung geschenkt. Auch wenn sich nur ein Teil der Chinesen für
diese Themen interessiere, "sind dies tatsächlich zig Millionen".
Hengjun weiter: "Der Drang der Chinesen, ihre Rechte wahrzunehmen,
wächst ständig." In China seien Blogger und andere Bürgerjournalisten
"die wahren Journalisten". Allerdings gebe es auch für sie "absolute
Tabu-Themen: Taiwan, Tibet, Minderheiten und Demokratie".

Günter Nooke, Beauftragter der Bundesregierung für
Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe, bezeichnete es "als
absurd, dass User, die beispielsweise lediglich über AIDS reden
wollen, von der chinesischen Regierung zu Dissidenten gemacht
werden". Dass amerikanische Unternehmen Peking bei der Kontrolle des
Internets unterstützten, "bewirkt lediglich die Verzögerung einer
Entwicklung, die ohnehin kommen wird". Allerdings spiele Zeit in der
Politik eine bedeutende Rolle. Die Bundesregierung, so der
Menschenrechtspolitiker, müsse "in die entsprechende Richtung
drücken, damit die Entwicklung schneller vorangeht". Nooke sagte, das
Potenzial, das in Blogs und sozialen Netzwerken wie Facebook stecke,
sei "gewaltig und für die Mächtigen gefährlich". Ihr Vorteil sei,
dass dort "sehr viel mehr Kreativität vorhanden ist als in den
Apparaten". Es sei nicht verwunderlich, dass die Regierung die
Kommunikation der Bevölkerung untereinander zu verhindern suche. In
China gehe es "um simples Miteinander-Kommunizieren-Dürfen". Weblogs
seien hierfür ein wichtiges Instrument. Der frühere
DDR-Bürgerrechtler wies darauf hin: "Je mehr Menschen diese Freiheit
in Anspruch nehmen, desto geringer wird der Preis, den man dafür
zahlen muss."

Der chinesische Journalist und Autor Shi Ming sagte beim Deutsche
Welle Global Media Forum, der "Sammelplatz Internet" sei besonders
gefährlich für die Regierenden. Dies habe Peking erkannt und lasse
inzwischen eine "geduldete Vielfalt" zu - auch weil die Regierung
sich selbst nicht in allen Fragen einig sei. Das Internet habe, über
die erweiterten Informationsmöglichkeiten hinaus, eine Verbreiterung
der Wissenssysteme bewirkt. So sei heute beispielsweise nicht mehr
nur "das Lehrbuch der KP Chinas Grundlage für die Einordnung
politischer Ereignisse wie jenen vor zwanzig Jahren". Für chinesische
User sei es mit Blick auf zahlreiche manipulative Angebote - etwa die
der Nachrichtenagentur Xinhua - die größte Schwierigkeit,
Informationen einordnen zu können. Wichtig seien Informationen, damit
die Menschen in China vergleichen könnten. Hier spielten Weblogs und
Angebote wie die der Deutschen Welle eine bedeutende Rolle.

Deutsche Welle Global Media Forum 3. - 5. Juni 2009 in Bonn

Informationen und Service unter
www.dw-world.de/presse
www.dw-world.de/globalmediaforum

Fotos: www.flickr.com/deutschewelle
Mitschnitte: http://soundcloud.com/dwgmf
Weblog: http://training.dw-world.de/gmf
Twitter: http://twitter.com/dw_gmf

Originaltext: Deutsche Welle
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/65983
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_65983.rss2

Pressekontakt:
Deutsche Welle
Unternehmenskommunikation
Dr. Johannes Hoffmann
53113 Bonn
T. 0228.429 2041
johannes.hoffmann@dw-world.de


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