Neue Westfälische: Die Unruhen im Iran Spur der Geschichte PETER MÜNCH-HEUBNER
Geschrieben am 19-06-2009 |
Bielefeld (ots) - Es wäre nicht das erste Mal, dass Wahlfälschungen den Untergang eines Regimes herbeigeführt haben. Für viele Kenner des Iran stellt sich die Frage, warum die politische Führung vor einer Woche das Wahlergebnis so offensichtlich von oben herab dekretierte. Der Iran hat seit 1997 schon eine ganze Reihe von Urnengängen und einen Demokratisierungsprozess hinter sich, der westlichen Ansprüchen zwar aufgrund der massiven Interventionsrechte des Wächterrates und des Revolutionsführers Khamenei nicht genügen mag. Dieser Prozess hat in den letzten zwölf Jahren aber eine erstaunliche Entwicklung weg vom Gottesstaat Khomeinis und hin zu einem Meinungspluralismus eingeleitet, wie er in den Staaten des Nahen und Mittleren Ostens nur selten zu finden ist. 1997 und 2001 hat der Wächterrat den Wahlsieg des Reformers Khatami ohne Manipulationsversuche hingenommen. Was war diesmal anders? Wollen die Konservativen um Ahmadinedschad die Uhren auf das Jahr 1979, das Jahr der Islamischen Revolution zurückdrehen? Schon die Tatsache, dass Khatami im März dazu "überredet" wurde, auf eine weitere Kandidatur zu verzichten, deutete darauf hin, dass die Revolutionsführung angesichts einer Stimmungslage in der Bevölkerung, die auf Veränderung zielt, nervös geworden war. Das, was sich in der zurückliegenden Woche auf den Straßen Teherans abgespielt hat, deutet auch auf mehr als nur Unmut über ein gefälschtes Wahlergebnis hin. Die Hintergründe der Rebellion - und als solche kann man die Unruhen schon bezeichnen- reichen weit zurück. Ayatollah Khamenei hat in seiner Freitagspredigt noch einmal seine alten Positionen bekräftigt und betont, dass Wahlen an den Wahlurnen und nicht "auf der Straße" entschieden werden. Das lässt für die nächsten Tage wenig Gutes erahnen. Sollte der Präsident die Unruhen mit Gewalt niederschlagen wollen, wird er danach kaum zur Tagesordnung übergehen können. Auf der anderen Seite: Das Massaker auf dem Platz Tien An Men ist fast genau zwanzig Jahre her und wen in der Pekinger Führung stört das heute noch? Die Islamische Republik ist nicht die Volksrepublik China. Das System in Teheran ist kein Monolith, und es kennt viele Machtzentren neben dem Wächterrat, Zentren, die oft gegeneinander arbeiten. Die Demonstrationen sind keine Studentenproteste. Sie erfassen weite Bevölkerungsschichten und sind jetzt schon ein zeitgeschichtliches Ereignis. Es steht für die größte Volkserhebung im Lande seit 1979. Die Welt sieht im Augenblick nur Bilder des städtischen Iran. Was der ländliche Teil denkt, wo die Hochburgen der Konservativen sind, findet weniger Beachtung. Selbst wenn sich Ahmadinedschad halten kann: Die letzte Woche hat ihre Spuren in der Gesellschaft des Landes hinterlassen. Peter Münch-Heubner (49) ist Nahostwissenschaftler. Er lehrt an der Universität der Bundeswehr in München- Neubiberg und der Universität Augsburg.
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