WAZ: Urteil zu "spickmich.de" - Das Netz braucht Verantwortung - Leitartikel von Frank Stenglein
Geschrieben am 23-06-2009 |
Essen (ots) - Das Internet hat alles verändert, ob zum Guten oder Schlechten ist eine Frage der Perspektive. Wer als Lehrer bei "spickmich.de" hart rangenommen wird, dürfte die Publizitätschancen anonymer Schüler mit Zorn betrachten. Der selbe Lehrer mag es aber nützlich finden, bei der Urlaubsplanung und der Wahl eines Hotels seinerseits namenlose Bewertungen zu berücksichtigen. Das wiederum finden Hoteliers nicht so toll, die ihrerseits vielleicht Handwerker bewerten. Und so weiter, und so fort.
Internet-Nutzer sind eben mal Opfer und mal Täter, wenn es um die subjektive, die meinungsgetriebene Seite geht, die im Netz viel Raum einnimmt. Man soll das nicht bagatellisieren. Da immer etwas hängenbleibt, ist es ein Problem, wenn Häme, üble Nachrede, Hass und kenntnisfreie Ressentiments das Klima vergiften. Nicht nur in Bewertungsportalen, auch in den User-Kommentaren journalistischer Online-Formate kann man reichlich Erbärmliches lesen, das fast immer im Schutz der Anonymität entstand.
Die Idealisten liegen also falsch, wenn sie den Segen der Schwarm-Intelligenz unkritisch feiern. Aber auch die Zyniker haben Unrecht, die in der Masse diskutierender Nicht-Fachleute nur Dummheit erkennen. Wenn man den geistigen Schmutz beiseite schiebt, bieten Spickmich und Co. durchaus auch denen etwas, die Bewertungen ihrer beruflichen Leistung reflexhaft ablehnen. Wer finden will, wird Nachdenkenswertes finden. Das erfordert allerdings eine Souveranität, die nicht jedem eigen ist und die am wenigsten da existiert, wo es klare Macht-Hierarchien gibt. Und wo gäbe es klarere als zwischen Lehrer und Schüler?
Anonymität ist erst mal Mist, keine Frage. Wer eine Meinung hat, soll offen dafür einstehen. Manchmal ist Anonymität aber Notwehr gegen machtgestützte Ignoranz. Das kann bei schlechtem Unterricht gelten, das gilt vor allem da, wo es um unendlich viel Ernsteres geht. Im Iran lässt sich gerade die Macht besichtigen, die eine waffenlose Zivilgesellschaft mit Hilfe der freien Information im Netz zu entfalten vermag.
Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut - das hat der Bundesgerichtshof im Spickmich-Urteil unterstrichen. Das Internet hat dieses Recht technisch in neue Dimensionen befördert, niemand wird das je zurückdrehen. Erwarten muss man aber, dass die Verantwortlichen ihre Portale nach Kräften sauber halten. Wo der Streit um die Sache umschlägt und die Verletzung der Persönlichkeit überhand nimmt, hört der Spaß auf. Und da muss notfalls der Richter ran.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
Pressekontakt: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Zentralredaktion Telefon: 0201 / 804-6528 zentralredaktion@waz.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
210403
weitere Artikel:
- WAZ: Wie Therapiekonzepte für Problemfamilien - die Autorin und Soziologin Necla Kelek zieht eine Bilanz der Islamkonferenz Essen (ots) - Die Autorin und Soziologin Necla Kelek zieht eine kritische Bilanz der Islamkonferenz, die am Donnerstag zum letzten Mal tagt. "Nach drei Jahren Islamkonferenz weiß niemand, wofür der Islam in Deutschland steht, aber man weiß, was er will: Der politische Islam will Schritt für Schritt seine Rechte auf ein religiöses Leben in Deutschland durchsetzen. Und das scheint auch zu gelingen, denn alle Parteien unterstützen das", sagte Kelek im Gespräch mit der WAZ-Gruppe. Kelek bedauerte, dass die Konferenz nicht versucht habe mehr...
- stern: Krise holt TV-Produzent Nico Hofmann bei neuem Projekt ein - Teilweiser Rückzug aus Firma Teamworx Hamburg (ots) - Erfolgsproduzent Nico Hofmann wurde bei der Arbeit an seinem neuen Krisen-Film "Die Grenze" von der Wirklichkeit eingeholt. "Viele haben anfangs gesagt, die Konstruktion einer Weltwirtschaftskrise sei an den Haaren herbeigezogen", sagte Hofmann in der neuen, am Donnerstag erscheinenden Ausgabe des Hamburger Magazins stern. "In Wahrheit war es dann so, dass wir im letzten halben Jahr das Drehbuch justieren mussten, weil die Krise viel heftiger über uns hereinbrach, als wir sie je beschrieben hatten." Hofmann ist Deutschlands mehr...
- WDR schreibt Jazzpreis 2009 aus Köln (ots) - Der Westdeutsche Rundfunk schreibt in diesem Jahr zum sechsten Mal den WDR Jazzpreis aus. Mit 30.000 Euro ist der Preis die höchstdotierte Auszeichnung für Jazz und Improvisierte Musik in Deutsch-land. Er richtet sich an Jazzmusikerinnen und -musiker, die ihren Lebens- und Arbeitsmittelpunkt in Nordrhein-Westfalen haben. Bewerbungsschluss ist der 17. August 2009. WDR Hörfunkdirektor Wolfgang Schmitz wird den WDR Jazzpreis am 30. Oktober 2009 im Kölner WDR Funkhaus überreichen. Die feierliche Übergabe findet im Rahmen eines mehr...
- WAZ: Matthias Brandt tritt Nachfolge von Jörg Hube beim "Polizeiruf 110" an Essen (ots) - Matthias Brandt (47) wird nach Nachfolger des kürzlich verstorbenen Jörg Hube beim "Polizeiruf 110" aus München. Das berichtet die WAZ-Gruppe, (Donnerstagausgabe) Hube wurde nur 65 Jahre alt. Er sollte eigentlich gemeinsam mit Stefanie Stappenbeck dem Duo Michaela May und Edgar Selge folgen. Die Auftaktfolge "Klick gemacht" wurde bereits im vorigen Herbst gedreht. Sie wird am 29. November im Ersten gezeigt. Hube litt lange an Krebs. Sein Zustand verschlechterte sich zuletzt derart schnell, dass sich der Bayerische Rundfunk mehr...
- stern: "Gräfin" Julie Delpy kann Serienmörderin Báthory "sehr gut verstehen" - "Wir haben viel gemeinsam" Hamburg (ots) - Schauspielerin Julie Delpy kann sich mit ihrer neuesten Rolle einer Serienmörderin voll identifizieren. "Ich kann diese Frau sehr gut verstehen. Wir haben viel gemeinsam", sagte die 39-Jährige in der neuen, am Donnerstag erscheinenden Ausgabe des Hamburger Magazins stern über die Schauergestalt Erzsébét Báthory. Sie ist Heldin in Delpys neuem Film "Die Gräfin", der am Donnerstag in den Kinos startet. Die ungarische Gräfin soll zum Erhalt ihrer Jugend im Blut von Jungfrauen gebadet haben. "Ich habe mich gefragt: Aus mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Alles rund um die Kultur
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
Pinocchio erreicht Gold in Deutschland mit Top-3-Hit "Klick Klack" - "Mein Album!" erscheint am heutigen Tag - Neue Single "Pinocchio in Moskau (Kalinka)" folgt am 17. März
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|