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LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Klinsmann

Geschrieben am 12-07-2006

Leipzig (ots) - Versteckt
Von Winfried Wächter
Es wurde erwartungsgemäß viel gelobt und sogar ein bisschen geweint.
Wie das so ist, wenn sich gute Freunde voneinander verabschieden.
Jedenfalls in der Öffentlichkeit. Ohne die Fernsehkameras hätte
Jürgen Klinsmann seinen Rückzug vom Amt des Bundestrainers vielleicht
überzeugender begründet.
Natürlich ist es glaubhaft, dass er zur Familie zurückkehren will.
Das möchten viele, die ihre Angehörigen langeZeit nicht sehen, weil
sie weit weg vom eigentlichen Wohnort die Brötchen verdienen.
Selbstverständlich leuchtet ein, wenn sich Klinsmann nach diesen
denkwürdigen zwei Jahren mit der strapazenreichen WM am Ende
ausgebrannt fühlt. Ein Fitness-Anhänger wie der 41-Jährige braucht
aber kein halbes Jahr Urlaub, um sich zu erholen und neuen Schwung zu
holen. Freilich wäre es kompliziert geworden, alle zwei Wochen
zwischen Los Angeles und Frankfurt hin und her zu fliegen. Aber auch
nicht grundsätzlich schwieriger als in den Monaten zuvor.
Jürgen Klinsmann versteckte sich gestern hinter seiner Familie. Seine
Gründe sind zwar verständlich, wirkten aber dennoch vorgeschoben.
Denn der Wahl-Amerikaner sprach nicht über die Wunden, die ihm vor
der WM zugefügt wurden und die ihn noch immer schmerzen. Sie konnten
die Lobeshymnen der letzten Tage nicht aufwiegen. Klinsmann hatte
seine Vorhaben nur gegen große Widerstände durchsetzen können.
Mitunter auch erfolglos, denn Hockey-Trainer Bernhard Peters, sein
Favorit für den Sportdirektorposten, wurde vom DFB mit Missachtung
gestraft. So viel Revolution war den Funktionären denn doch zu viel -
übrigens auch dem größten und einflussreichsten Teil der Bundesliga,
der erst spät den Schulterschluss mit dem Bundestrainer demonstrierte
und jetzt schnell sein Bedauern ausdrückt. Ausländische Späher und
Fitness-Trainer im deutschen Team sowie ein fußballfremder
Sportdirektor im Verband hat ihm die Branche nicht verziehen und mit
ihrer Kritik erbarmungslos zugeschlagen, als das Test-Spiel in
Italien klar und eindeutig verloren wurde. Seine Entlassung war fast
perfekt, auch das stellte sich während des WM-Jubelsheraus. Vertrauen
sieht anders aus.
Klinsmann will sich all die Grabenkämpfe, auch mit Teilen der Medien,
nicht mehr antun. Deshalb zog er gestern die Konsequenzen. Dabei
hätte ihn der deutsche Fußball, den er wieder zum Leben erweckt hat,
weiter gut gebraucht.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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