Rheinische Post: In der Justiz läuft einiges schief
Geschrieben am 09-07-2009 |
Düsseldorf (ots) - Von Sven Gösmann
Was wie die große Ausnahme wirkte, entwickelt sich zum gefährlichen Regelfall in der nordrhein-westfälischen Justiz: Wegen überlanger Bearbeitung von Verfahren müssen Tatverdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Ein mutmaßlicher Kinderschänder ist darunter, ein Mann, der seine Frau so lange gewürgt haben soll, bis sie ins Koma fiel, ein des schweren Raubes Beschuldigter. Das Justizministerium befand sich derweil zumindest gedanklich so im Urlaub wie die Ministerin tatsächlich. Verräterisch ist, wie der Präsident des betroffenen Landgerichts Mönchengladbach die Missstände erklärt: "Ein bedauerliches Zusammentreffen unglücklicher Umstände." Das klingt in den Ohren der Verbrechensopfer im besten Falle gedankenlos, im schlimmsten zynisch. Die Gleichgültigkeit, mit der Teile der nordrhein-westfälischen Justiz gearbeitet haben oder auf die Missstände reagieren, nährt den Verdacht, dass es sich bei nicht wenigen Verantwortlichen um einen grundsätzlichen Denkfehler handelt. Der wertvolle Gedanke der Resozialisierung wird sehr hoch bewertet, der des Opferschutzes, des Schadenausgleiches und der Genugtuung aber verschwindet dahinter allzu oft. Das ist die vornehme Umschreibung dafür, dass in der NRW-Justiz einiges schief läuft. Einen Staatsanwalt zu versetzen allein genügt da nicht.
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