Shirin Ebadi: Proteste im Iran werden in neuen Formen weitergehen
Geschrieben am 13-07-2009 |
Bonn (ots) - Friedensnobelpreisträgerin fordert Deutschland und Europa zu mehr Engagement gegen Menschenrechtsverletzungen im Iran auf/ UN-Delegation werde zur Berichterstattung nach Teheran reisen
"Tragischerweise sind die Entwicklungen im Iran so, dass wir uns jeden Tag weiter von einer Demokratie entfernen." In der gegenwärtigen "sehr sensiblen Notsituation" seien die Menschen in ihrem Land auf Unterstützung von außen angewiesen. Das Vorgehen der Regierung sei "weder mit der iranischen Verfassung, noch mit dem Islam noch mit den Menschenrechten vereinbar". Das sagte die iranische Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi am Montag (13.7.) in der Deutschen Welle. Die Proteste würden in neuen Formen weitergehen und die Kritik aus der Geistlichkeit werde die Regierung weiter schwächen.
Die Friedensnobelpreisträgerin forderte Deutschland und Europa auf, den politischen Druck auf die iranische Führung zu erhöhen. "Ich bin gegen wirtschaftliche Sanktionen und gegen militärische Interventionen", sagte Ebadi. Beides gehe nur auf Kosten der Menschen, schaffe neue Fronten und führe dazu, dass sich die Menschen im Iran mit ihrer Regierung solidarisierten. Es müsse stattdessen politische Sanktionen geben. Bei Verhandlungen und allen Vertragsbeziehungen mit dem Iran müsse der Westen, so Ebadi, "stets auch auf die Einhaltung der Menschenrechte drängen". Das gelte für Akteure in Politik und Wirtschaft. Als Konsequenz könnten etwa Botschafter abgezogen werden, ohne die diplomatischen Beziehungen vollständig abzubrechen.
Seit zwei Jahren gehe es dem Westen ausschließlich um den Atomkonflikt mit dem Iran. "Man fragt sich", so Ebadi, "ob den Europäern nur die eigene Sicherheit, nicht aber die Sicherheit der Menschen im Iran wichtig ist." Was die Wirtschaftbeziehungen betrifft, müssten "Waffen und Software, die zur Überwachung der Bürger im Iran eingesetzt werden", ausgespart werden. Ebadi: "Fragen Sie Siemens und Nokia, warum sie derartige Technik an den Iran geliefert haben."
Ebadi, die sich zurzeit als Gast des deutschen Auslandssenders in Bonn aufhält, sagte, sie habe bei den Vereinten Nationen an höchster Stelle erwirken können, dass eine UN-Delegation zur Berichterstattung nach Teheran entsendet werde. "Wenn die iranische Führung diese Delegation nicht einreisen lassen sollte, wäre das der Beweis, dass die von den Protestierenden erhobenen Vorwürfe der Wahrheit entsprechen", so Ebadi.
Die Menschenrechtlerin verwies auch darauf, dass die Zahl der Opfer der jüngsten Proteste weit höher liege als offiziell angegeben. Die Brutalität und Gewalt von Seiten der Regierung halte an, die Milizen stünden unter Aufsicht der Revolutionswächter. Auch die Zahl der Verhafteten sei sehr hoch. Von der Verhaftungswelle sind auch Weggefährten Ebadis betroffen. So wurden kürzlich die Anwälte Abdolfatah Sultani und Mohammad Ali Dadkhah festgenommen, zwei prominente Mitglieder des Vereins zur Verteidigung der Menschenrechte, dessen Vorsitzende Shirin Ebadi ist.
Die Friedensnobelpreisträgerin verwies darauf, dass der Chef der iranischen Justiz "unter politischem Druck" eine Regelung erlassen habe, nach der einem Anwalt jederzeit die Zulassung entzogen werden könne. Ebadi: "Das entmutigt die Anwälte, politische Gefangene und Andersdenkende zu verteidigen." Viele Gefangene würden isoliert, Anwälten und Familien werde der Kontakt verwehrt.
Ebadi, die betonte, keinem der Präsidentschaftskandidaten persönlich nahe zu stehen, sagte zur weiteren Entwicklung im Iran: "Wachsende Kritik von Seiten einflussreicher geistlicher Würdenträger wird dazu führen, dass die Regierung ihre Legitimität verliert und geschwächt wird." Die Proteste würden weitergehen, die Menschen seien kreativ und hätten neue Formen gefunden. So habe sich beispielsweise der Ruf "Gott ist groß" als abendlicher Protestruf aus Fenstern und von Dächern etabliert, trauernde Mütter träfen sich regelmäßig zum Sitzstreik. Sie selber werde zunächst in Europa bleiben, um hier für die Menschenrechte im Iran zu werben. Anschließend werde sie "selbstverständlich" in ihre Heimat zurückkehren.
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