WAZ: Heute kommt Steinmeiers Plan - Was Versprechen in der Krise wert sind. Leitartikel von Ulrich Reitz
Geschrieben am 02-08-2009 |
Essen (ots) - Es ist vernünftig, auf sparsame Energie zu setzen und also auch auf Elektro-Autos. Und auf Gesundheits- wie Kreativitäts-Wirtschaft. Ein Mittelstands-Gipfel mit Banken, um die Kreditklemme zu lösen, ist wichtig und aktuell. Darum ist der Deutschland-Plan des SPD-Kanzlerkandidaten Steinmeier durchaus zeitgemäß, die schnoddrige Fundamental-Kritik von Union und FDP dagegen erschreckend durchsichtig. Und weshalb sollte man Steinmeier übel nehmen, mit alldem die Hoffnung auf neue Arbeitsplätze (bis 2020!) zu verbinden, immerhin knüpft er damit an die Tradition der SPD als Partei der Arbeit an.
Wichtiger als das, was die Union erzählt, ist für Steinmeier und die Seinen Anderes: Dass eine Gewerkschaft nach der anderen es ablehnt, ihren Mitgliedern die SPD bei der Wahl anzuempfehlen. Der Grund dafür ist nicht nur die Links-Partei, sondern ausdrücklich auch die Union. Auch der IG Metall ist aufgefallen, dass die Union keine Einwände gegen Mindestlöhne mehr hat, falls diese sich denn auf bestimmte Branchen beziehen, sich für eine Erhöhung des Schonvermögens für Hartz-Vier-Empfänger oder höhere Renten ausspricht und dafür, Geringverdienern die Steuern zu kürzen.
Die Gewerkschaften registrieren den verringerten Abstand zwischen SPD und Union. Das macht es für die Sozialdemokraten nicht eben einfacher, Ziele zu finden, die sie exklusiv haben. Gesundheits- und Kreativ-Wirtschaft und Elektro-Mobilität werden, wie anderswo auch, von der nordrhein-westfälischen Regierung gefördert. Und auf den vom Finanzminister angekündigten Börsen-TÜV warten wir immer noch.
Ein anderer Einwand richtet sich gegen allzu billige, also teure Versprechen. Sie trifft SPD wie Union gleichermaßen: Die nächste Regierung hat kein Geld. Nicht für Wohltaten, nicht für Steuersenkungen. Sie wird, ganz gleich, wer sie führt, nur ein einziges Ziel verfolgen können: Mit weniger Geld klarzukommen. Laut RWI fehlen den Sozialkassen 30 Milliarden Euro und entweder die Beiträge steigen, was dem Arbeitsmarkt schadet, oder es gibt eine neue Agenda 2020, was die SPD umbringt, oder eben, die Steuern steigen. Das könnte sich zum größten Problem für versprechens-gewohnte Wahlkämpfer auswachsen: die Wähler wissen oder ahnen, dass es keine Spielräume mehr gibt, Geld zu verteilen.
Sehr seltsam, wie die anscheinend ungebremste Rückkehr des Casino-Kapitalismus einhergeht mit der Renaissance des sorglosen Verteiler-Staates. Krise - war da was?
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
Pressekontakt: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Zentralredaktion Telefon: 0201 / 804-6528 zentralredaktion@waz.de
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