Katja Kipping: Alter Hut frisch aufpoliert
Geschrieben am 18-07-2006 |
Berlin (ots) - Morgen will Vizekanzler Müntefering dem Kabinett seinen Vorschlag für einen Kombilohn für ältere Arbeitnehmer vorstellen. Dazu erklärt die stellvertretende Parteivorsitzende Katja Kipping:
"Initiative 50 plus" klingt auf den ersten Blick verlockend. Bei genauerer Betrachtung stellt sich heraus, dass Müntefering damit nur einen alten Hut frisch aufpoliert. Entsprechende Lohnkostenmodelle sind bislang immer gescheitert, haben nicht zu mehr Beschäftigung sondern allenfalls zu Mitnahmeeffekten in Größenordnung geführt. "50 plus" ist nichts weiter als eine neue Initiative zur Lohnsenkung für ältere Arbeitnehmer, die künftig erst ab 67 in Rente gehen dürfen und nun auch noch in Niedriglohnjobs abgedrängt werden sollen. Trostpflästerchen ist ein zweijähriger Lohnzuschuss. Es besteht die Gefahr, dass bestehende, Existenz sichernde Arbeitsplätze in das Niedriglohnsegment abrutschen, ja von Unternehmen sogar bewusst in solche umgewandelt werden. "50 plus" öffnet Niedriglöhnen für ältere Arbeitnehmer Tür und Tor und befördert Altersarmut.
Es gibt andere Möglichkeiten, Betroffenen zu helfen. Ich erinnere an das Modellprojekt "Teilzeit plus", welches beispielsweise in Niedersachsen, Berlin und Dresden von der Bundesagentur für Arbeit durchgeführt wurde. Es ermöglichte kleinen und mittleren Handwerksunternehmen in Zeiten schwieriger Auftragslage, Mitarbeiter an gemeinnützige Vereine "auszuleihen". Die Bundesagentur übernahm den entsprechenden Lohnanteil. Das war eine echte Hilfe für kleine Unternehmen, die bei schlechter Auftragslage keine Stammarbeitnehmer entlassen mussten und war auch für die Bundesagentur kostengünstiger als Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Aufgrund "geschäftspolitischer" Entscheidungen der Bundesagentur wurde dieses Modellprojekt eingestellt. Denn die Bundesagentur häuft lieber 7 Mrd. Euro Überschuss an, statt Langzeitarbeitslosigkeit zu bekämpfen.
Der neue Vorschlag von Vizekanzler Müntefering bestätigt einmal mehr: Ältere Arbeitnehmer und Rentner gehören zu den großen Verlierern der großen Koalition.
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