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Börsen-Zeitung: Die Rally trägt sich selbst, Börsenkommentar "Marktplatz" von Dieter Kuckelkorn

Geschrieben am 14-08-2009

Frankfurt (ots) - Der deutsche Aktienmarkt hat die gerade beendete
Handelswoche mit einem deutlichen Verlust der fünf Tage von 2,8% auf
5309 Punkte beendet. Dazu ist zu einem guten Teil das Kursdesaster
bei Volkswagen (VW) schuld - die Aktie des Autoherstellers brach
zeitweise um rund 25% ein. Aber auch ohne VW kommt unterm Strich eine
deutlich negative Wochenperformance heraus. Dies überrascht
eigentlich, weil doch aktuell ermutigende Konjunkturdaten
veröffentlicht worden sind. So haben gemäß den Zahlen ihrer
Statistikämter die beiden bedeutendsten Volkswirtschaften der
Eurozone, Deutschland und Frankreich, die Rezession bereits hinter
sich gelassen. Die Rückkehr zu wenn auch nur leichtem
Wirtschaftswachstum ist damit rascher erfolgt, als die meisten
Ökonomen zu hoffen gewagt hätten.

Die zum Wochenausklang schwache Performance ist zweifellos auch
auf die unerfreulichen US-Daten zurückzuführen. Der Index des
Verbrauchervertrauens der Universität Michigan kam mit lediglich 63,2
Punkten herein, weit unterhalb der Konsensschätzung der
Bankenvolkswirte von 69 Zählern. Die Zahlen machen deutlich, dass
entgegen dem am Aktienmarkt fast schon grenzenlosen
Konjunkturoptimismus längst noch nicht alles Gold ist, was glänzt.
Die Stimmung der US-Verbraucher, die über den privaten Konsum
immerhin rund 40% zum Bruttoinlandsprodukt beitragen, ist alles
andere als optimistisch. Besorgnis erregend sind auch die
US-Verbraucherpreise, die im Juli so stark gesunken sind wie schon
seit 60 Jahren nicht mehr.

Letztlich ist die schwache Performance aber darauf zurückzuführen,
dass der Markt überkauft ist. Die freundlichen Konjunkturdaten aus
der Eurozone haben lediglich bestätigt, was längst eingepreist war.
Sie vermochten daher über ein kurzes Strohfeuer hinaus keinen
weiteren Auftrieb verleihen.

Zudem ist auch die Quartalssaison eher gemischt ausgefallen. Wie
die Analysten der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) schreiben, hat
es mit einem Verhältnis von 16:14 zwar ein leichtes Übergewicht der
positiven Überraschungen bei den Nettogewinnen der Dax-Unternehmen
gegeben. Es fiel auch die Veränderungsrate der Unternehmensgewinne
mit -44% besser aus als vom Marktkonsens mit -55% erwartet.
Betrachtet man jedoch über den Dax hinaus den breiteren Markt, ergibt
sich ein leichtes Übergewicht der Negativüberraschungen. Bedenklich
ist aber vor allem, dass eine Mehrheit von 55% der Unternehmen mit
ihren Erlösen die Konsensschätzung verfehlt hat. Die LBBW-Analysten
schließen daraus, dass Enttäuschungen beim Gewinn vor allem dadurch
vermieden worden sind, dass die Unternehmen eine strengere
Kostenkontrolle eingeführt und Investitionen aufgeschoben haben. Eine
wirkliche Geschäftsbelebung sei jedoch vielfach nicht festzustellen
gewesen. Die Experten der WestLB weisen auf eine tiefe Kluft zwischen
der positiven Top-Down-Betrachtung der Lage und der eher
enttäuschenden Bottom-up-Sichtweise hin. Sie gehen daher von einem
Revisionsbedarf der Gewinnwachstumsschätzungen aus.

Damit stellt sich die Frage, wie es mit der Rally weitergeht.
Bliebe das bisherige Tempo der Erholung erhalten, stünde der Dax am
Jahresende bei satten 7300 Punkten - womit allerdings eher nicht zu
rechnen ist. Viele Aktienstrategen weisen auf die aus ihrer Sicht
akute Rückschlaggefahr hin. Sie gehen davon aus, dass der Dax das
Jahr deutlich unter dem aktuellen Niveau beendet. Aber auch das
erscheint derzeit als eine eher unrealistische Perspektive.

Am wahrscheinlichsten ist es, dass sich die Hausse weiter
fortsetzt, wenn auch mit einem reduzierten Tempo. Dafür spricht unter
anderem, dass es derzeit große Mengen an Liquidität gibt, die der
Anlage harren. Mit der Flutung der Märkte mit Liquidität haben die
Notenbanken das Potenzial für eine Vielzahl neuer
Überbewertungsblasen geschaffen. Diese lassen sich derzeit auf einer
Vielzahl von Märkten beobachten - von Corporate Bonds über Rohstoffe,
Emerging Markets bis eben auch zu den etablierten Aktienmärkten.

Zudem gibt es jede Menge Investoren, die aufgrund ihrer Skepsis
erst sehr spät an den Aktienmarkt zurückgekehrt sind und nun alle
Kursrücksetzer dazu nutzen, um zuzukaufen. Wie es scheint, trägt die
Rally bis auf Weiteres sich selbst.

(Börsen-Zeitung, 15.8.2009)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
Weitere Informationen: www.boersen-zeitung.de


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