Westdeutsche Zeitung: Wahlkampf = von Friedrich Roeingh
Geschrieben am 30-08-2009 |
Düsseldorf (ots) - Der Wahlkampf ist tot, es lebe der Wahlkampf. Seit gestern ist das Duell der Langeweile passé. Bis zur Bundestagswahl am 27. September werden uns die Parteien statt dessen mit einem Lagerwahlkampf klassischer Prägung überziehen. Dabei setzt der gestrige Wahlabend vor allem die Union unter Druck. Im Saarland und in Thüringen jeweils zweistellige Verluste, und ein Ministerpräsident abgewählt - wahrscheinlich sogar zwei: Eine solche Schlappe übersteht keine Partei unbeschadet, auch wenn das persönliche Ansehen der Kanzlerin noch so groß sein mag. In den vergangenen Monaten hatte die Schwäche der SPD die Union weitaus stärker erscheinen lassen, als sie tatsächlich ist. Nun überdeckt die doppelte Schlappe der CDU - zu der noch ein paar verlorene Oberbürgermeisterwahlen in NRW hinzukommen - das dreifach miserable Abschneiden der SPD. Deren Kalkül dagegen ist aufgegangen: Mit dem gestrigen Tag registriert die Republik, dass ein schwarz-gelber Wahlsieg bei der Bundestagswahl keineswegs ausgemacht ist. Im Gegenteil: Zum dritten Mal in Folge laufen Union und FDP Gefahr, mit ihrem gemeinsamen Machtanspruch zu scheitern. Sie müssen erkennen, dass sie auch in Zeiten der Krise nicht automatisch mehrheitsfähig sind. Die Nervosität der Union wird ihr angekratztes Selbstbewusstsein dokumentieren. Die SPD dagegen wird an dem Dilemma des Thüringer Wahlergebnisses zu knacken haben: Wenn sie Bodo Ramelow von den Linken zum Ministerpräsidenten kürte, wäre das ein erneuter Wortbruch. Warum aber sollte die Linke der SPD entgegenkommen und Ramelow zurückziehen? Die Bedingung für eine Große Koalition in Erfurt, den Rückzug des Wahlverlierers Dieter Althaus, aber wird die Union der SPD nicht zugestehen. Das Ergebnis könnte eine Blockade nach schlechtestem hessischen Vorbild sein. Im Vergleich dazu wird die rot-rot-grüne Regierungsbildung im Saarland erstaunlich geräuschlos vonstatten gehen. Mit der Rückkehr des Lagerwahlkampfs aber wird in den nächsten Wochen noch weniger ernsthaft über Themen gestritten. Die richtige Politik in der Wirtschaftskrise wird erst in den Koalitionsverhandlungen von Schwarz-Gelb oder einer erneuten Großen Koalition wieder ein Thema werden.
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