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Westdeutsche Zeitung: Thüringen = von Friedrich Roeingh

Geschrieben am 03-09-2009

Düsseldorf (ots) - Hinterher ist man immer schlauer. Nach diesem
Rücktritt wird auch Dieter Althaus wissen, dass er seine politischen
Ämter besser sofort nach dem von ihm verschuldeten tödlichen
Skiunfall niedergelegt hätte. Spätestens als er wegen fahrlässiger
Tötung verurteilt wurde, war dieser Schritt zwingend. Ob Althaus
bereits zu diesem Zeitpunkt die Unterstützung vieler Thüringer
verloren hat oder erst, als er den tragischen Unfall im Wahlkampf zum
Gegenstand peinlicher Interviews machte, ist letztlich unerheblich.
Politik verlangt nicht nach Heiligen oder Moralaposteln. Das
Führungspersonal muss aber integer und glaubwürdig sein - wenn es
Wahlen gewinnen will. Statt dessen hat die CDU in Thüringen zwölf
Prozentpunkte der Stimmen, ein Drittel ihrer Landtagsmandate
verloren, und Althaus selbst musste in seinem Wahlkreis gar zwanzig
Prozentpunkte abgeben: Wer hat Angela Merkel nur geraten, sich noch
am Vortag hinter diesen Ministerpräsidenten auf Abruf zu stellen?
Doch auch wenn Althaus' Einsicht zu spät kam, verdient der Rücktritt
doch Respekt. Nutznießer dieser Entscheidung ist schließlich die SPD.
Die Landespartei in Thüringen kann nun die einzig vernünftige
Koalition mit der CDU eingehen -, die angesichts des dritten Platzes
der SPD hinter der Linken ehrlicherweise nicht Große Koalition
genannt werden sollte. Der einst so stolzen Volkspartei bleibt so
die Schmach erspart, in Erfurt von der Linkspartei als Juniorpartner
an die Macht getragen zu werden. Wieviel der Linken dieser Triumph
wert gewesen wäre, lässt sich an ihrem vergifteten Verzicht auf den
Anspruch des Ministerpräsidenten ablesen - ein Verzicht, der gerade
erst ausgeschlossen wurde.
Eine schwarz/rote Koalition in Thüringen mag die Wahlstrategie der
SPD befördern, bei der Bundestagswahl eine schwarz/gelbe Mehrheit zu
verhindern, um die Große Koalition fortsetzen zu können. Das Dilemma
der Sozialdemokraten löst die Zerschlagung des Thüringer Knotens aber
nicht auf: Mit ihrer reinen Machterhaltungsstrategie kann die SPD
nicht die Enttäuschten zurückgewinnen, die zu den Linken übergelaufen
sind. Und sie wird die bürgerlichen Milieus nicht überzeugen, die
sich bei den Grünen oder bei Angela Merkels Wohlfühl-CDU besser
aufgehoben fühlen.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
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Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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