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WEISSER RING zum Verbrechen an Münchner Nothelfer: Konsequenz in allen Bereichen notwendig

Geschrieben am 15-09-2009

Mainz/München (ots) - Bürgerinnen und Bürger schreiten immer
wieder couragiert und beherzt in brenzligen Situationen ein. Damit
verhindern sie Schlimmeres oder tragen entscheidend dazu bei, eine
Tat aufzuklären. Dies ist umso erfreulicher, da bekanntlich eine
Haltung des Wegschauens den idealen Nährboden für kriminelle
Machenschaften bereitet. "Weggeschaut. Ignoriert. Gekniffen." - diese
Einstellung kann und darf keiner an den Tag legen. Passivität hilft
nur den Tätern!

Dieses für ein von gegenseitiger Verantwortung getragene
Selbstverständnis eines modernen Gemeinwesens gerät jedoch immer dann
wider ins Wanken, wenn Nothelfer selbst zu Schaden kommen.
Erschütterndes Beispiel hierfür ist der brutale Angriff auf einen
50-Jährigen kürzlich in München, der bei seinem couragiertes
Einschreiten, mit dem er Kinder vor kriminellen Übergriffen schützen
wollte, sein Leben verlor.

Auch wenn sich derartiges Ausmaß von skrupelloser Brutalität auf
Einzelfälle beschränken mag, kann und darf niemand einfach zur
Tagesordnung übergehen nach dem Motto: So etwas passiert halt und zum
Glück hat es nicht mich nicht getroffen.

Einerseits werde von den Bürgern erwartet, bei gewalttätigen
Übergriffen in gebotenem Maße einzuschreiten oder sich zumindest als
Zeuge zur Verfügung zu stellen. Andererseits komme es zu dieser
Zivilcourage oft nicht, weil häufig befürchtet werde, auf möglichen
gesundheitlichen oder wirtschaftlichen Schäden sitzen gelassen zu
werden.

Der WEISSE RING appelliert an die politisch Verantwortlichen, die
Bürger und Bürgerinnen mehr als bisher über ihre Rechte und Ansprüche
als Opfer von Kriminalität und Gewalt zu informieren. Dies trifft auf
das Opferentschädigungs¬gesetz ebenso zu wie auf die gesetzliche
Versicherung für Nothelfer.

Neben purer Gleichgültigkeit und verständlichen Angstgefühlen in
gewissen Situationen sind es gerade solche
"Kosten-Nutzen"-Erwägungen, die potentielle Helfer oftmals untätig
bleiben lässt. Wer weiß schon, dass er als Nothelfer unter dem Schutz
der gesetzlichen Versicherung steht, wenn er durch sein Eingreifen
selbst zu Schaden kommt? (Sozialgesetzbuch, Gesetzliche
Unfallversicherung - SGB VII, § 2 und §13). Angesichts mangelnder
Zivilcourage nur hilflos mit den Achseln zucken, ist zu wenig. Vor
allem muss sich die Rechtspolitik verstärkt der weit verbreiteten
Meinung stellen, dass derjenige, der Zivilcourage gezeigt hat, von
Polizei und Justiz nicht die nötige Unterstützung erhält und sich
plötzlich selbst auf der Anklagebank wieder finden könnte.

Ebenso notwendig wie die Information über richtiges Verhalten und
Entschädigungsregelungen erscheint aus Sicht des WEISSEN RINGS die
stärkere öffentliche Ächtung des Nicht-Einschreitens in
Gefahrensituationen. Viele Menschen wissen nicht, dass man auch für
"Nichts-Tun", d. h. für Unterlassene Hilfeleistung (§ 323 c StGB)
bestraft werden kann. Im Gesetz sind dafür Sanktionen in Form von
Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr oder Geldstrafen vorgesehen.

Zivilcourage zeigen: Was ist zu tun?

Wer Zeuge einer Gewalttat wird, sollte nicht unüberlegt
eingreifen, sich aber deutlich bemerkbar machen.

Sofort Öffentlichkeit herstellen. Wenn sich Strafttäter beobachtet
fühlen, lassen sie meist von ihrem Vorhaben ab.

Wichtig ist es vor allem, dem Opfer gegenüber aktive
Hilfsbereitschaft unmissverständlich zu signalisieren.

Auf jeden Fall andere Passanten persönlich ansprechen (Sie dort in
der grünen Jacke; Sie dort mit der Aktentasche...) und zur
gemeinsamen Hilfe auffordern.

Geeignete Hilfsmöglichkeiten untereinander klar absprechen.
(Halten Sie ein Auto an. Ich rufe die Polizei.). Oft wird nicht
eingegriffen, weil sich jeder auf den anderen verlässt.

Sofort die Polizei und ggf. auch Rettungsdienste benachrichtigen.

Auf jeden Fall ist es Bürgerpflicht, sich als Zeuge eines
kriminellen Übergriffs zur Verfügung zu stellen, um so zur Aufklärung
der Straftat und zur Ergreifung des Täters beizutragen.

Vielfach handelt es sich um Wiederholungstaten, die nur deshalb
geschehen können, weil Menschen keinerlei Zivilcourage gezeigt haben
und man den Täter nicht schon vorher fassen konnte.

Wer selbst bedroht oder angegriffen wird, sollte andere sofort und
eindeutig auf seine Notsituation aufmerksam machen.

Aufgrund fehlender Opfersignale werden Straftaten oft gar nicht
erkannt. Vielfach kalkulieren die Täter skrupellos mit der falschen
Scham ihrer Opfer.

Verhaltenskodex für Nothelfer:

1. Ich helfe, ohne mich selbst in Gefahr zu bringen.
2. Ich fordere andere aktiv und direkt zur Mithilfe auf.
3. Ich beobachte genau und präge mir Täter-Merkmale ein.
4. Ich organisiere Hilfe unter Notruf 110.
5. Ich kümmere mich um Opfer.
6. Ich stelle mich als Zeuge zur Verfügung.

Entschlossenes Entgegenwirken bei drohender Gefahr beinhaltet
zugleich auch einen präventiven Aspekt. Kriminelle werden
verunsichert, wenn sie sich nicht mehr darauf verlassen können, durch
die Passivität möglicher Zeugen Schutz vor dem Zugriff der Polizei zu
finden.

Fälle wie dieser in München müssen zu ernsthaften Konsequenzen in
vielen Bereichen führen. Die Frage der Anwendung des
Jugendstrafrechts bei von hoher krimineller Energie geprägten
heranwachsenden Tätern im Alter von 18 bis 20 Jahren muss weiterhin
ebenso intensiv diskutiert werden wie die konsequentere Ausschöpfung
bestehender Strafrahmen. Daneben gehören auch personelle wie
technische Möglichkeiten zur Erhöhung der Sicherheit im öffentlichen
Bereich, wie auf U- und S-Bahnhöfen, auf den Prüfstand. Das
Entdeckungsrisiko für Straftäter kann dadurch konsequent erhöht
werden.

Kriminelle Karrieren können gerade im Anfangsstadium durch
schnelle und spürbare Sanktionen eher gestoppt werden. Zudem muss den
Tätern ihr Fehlverhalten zeitnah und eindringlich verdeutlich werden.

Nichts wird dadurch erreicht, die Schuld bei anderen zu suchen.
Schule, Familie, Jugendamt, Sozialamt, Polizei, Vereine - alle
gesellschaftlichen Kräfte müssen sich konsequent vernetzen, um
bereits bei kleinen Auffälligkeiten konsequent präventiv einwirken zu
können. Jede kriminelle Kariere hat mit einer kleinen Straftat
begonnen.

Wer Opfer einer Straftat geworden ist oder als Nothelfer selbst zu
Schaden kam, kann sich an den WEISSEN RING wenden. Die
Opferschutzorganisation unterhält bundesweit 420 Außenstellen mit rd.
3.000 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern. Weitere Infos unter
www.weisser-ring.de.

Opfer-Telefon: 0800 0800 343

WEISSER RING e. V.
Spendenkonto 34 34 34
Deutsche Bank Mainz
BLZ 550 700 40

Originaltext: Weisser Ring e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6758
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6758.rss2

Pressekontakt:
WEISSER RING e. V.
Referat Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit
Weberstrasse 16
55130 Mainz

Tel.: 06131-8303-38
Fax: 06131-8303-60

E-Mail: presse@weisser-ring.de
Internet: www.weisser-ring.de


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