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Börsen-Zeitung: Entzauberte Wall Street, Kommentar von Michael Flämig zum angekündigten Rückzug der Allianz von den internationalen Börsen

Geschrieben am 22-09-2009

Frankfurt (ots) - New York, London, Mailand, Paris und Zürich: Das
sind klangvolle Namen nicht nur in den Ohren von Touristen, sondern
auch in der Wahrnehmung des Kapitalmarktes. Beim Börsenhandel gilt
dies zumindest für die angelsächsischen Metropolen. In den USA sitzt
der weltgrößte Umschlagplatz für Aktien, und die britische Insel ist
in dieser Disziplin führend in Europa. Trotzdem kündigt die Allianz
den Rückzug von diesen Börsen an. Künftig soll der Handel nur in
Deutschland möglich sein. Düsseldorf statt Manhattan? Ohne der Stadt
am Rhein zu nahe zu treten: Kehrt die Provinzialität in die
Kapitalmarktpflege deutscher Unternehmen zurück?

Tatsächlich werden Anleger beispielsweise aus Kalifornien
gezwungen sein, ihre Order nach Frankfurt zu leiten oder gar eine der
Regionalbörsen anzusteuern. Doch das Fehlen der Weltoffenheit
entpuppt sich beim zweiten Blick als perfekte Globalisierung. Denn
dank der vernetzten Datensysteme ist es zumindest für professionelle
Anleger egal, wo ihre Investmententscheidung umgesetzt wird.
Frankfurt ist eben nur einen Knopfdruck von Sacramento entfernt.
Wichtig aus Investorensicht ist allein eine schnelle Abwicklung zu
einem fairen Preis. Dieser ist am ehesten am Börsenplatz mit der
höchsten Liquidität gewährleistet - eben in der Regel im Heimatland
des Emittenten. Die Investoren haben dies auch im Fall der Allianz
längst erkannt, ihre Orders laufen meist über Frankfurt. Insofern ist
die Entscheidung der Versicherung nur der Vollzug dessen, was längst
Praxis ist.

Doch auch aus Sicht der Emittenten hat sich die Welt verändert im
ablaufenden Jahrzehnt. Die Wall Street ist nicht mehr ihr Mekka, weil
Akquisitionen in der globalisierten Welt keinesfalls an einer
fehlenden US-Notierung als Akquisitionswährung scheitern. Transparenz
ist durch die Konvergenz der Rechnungslegung sowieso garantiert. Auch
mehr Aufmerksamkeit benötigen deutsche Konzerne nicht mehr, ihr
Aktionärskreis ist schon internationalisiert. Das Ziel eines
verstärkten Handels in der Aktie wurde sowieso meist verfehlt.

So ist die Notierung an ausländischen Börsen und insbesondere in
New York zum Symbol geworden: ein Bekenntnis des Emittenten zum
Heimatland dortiger Konzernbeschäftigter sowie von Kunden. Doch der
Preis, der in Form von unkalkulierbaren Aufsichtsbehörden und sich
ständig verändernden Vorschriften bezahlt wird, ist sehr hoch.

(Börsen-Zeitung, 23.9.2009)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
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Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
Weitere Informationen: www.boersen-zeitung.de


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