Rheinische Post: Die Zukunft der Volksparteien Von Martin Kessler
Geschrieben am 29-09-2009 |
Düsseldorf (ots) - Für das bisherige Parteiensystem war die Bundestagswahl vom Sonntag eine entscheidende Wegmarke. Die Volkspartei in ihrer gegenwärtigen Ausprägung ist tot. Das gilt für die SPD, die nach allen Seiten hin verloren hat. Aber auch die Union muss sich vorsehen. Was sie links der Mitte hinzugewann, hat sie an Stammwählern an die FDP abgegeben. Nur weil die Wähler im bürgerlichen Lager blieben, reichte es am Ende für Schwarz-Gelb. Den bittersten Part beim Niedergang der Volksparteien spielte jedoch die SPD. Sie hat in nur zehn Jahren fünf Mal ihren Vorsitzenden verloren. Kein Wechsel konnte den Niedergang aufhalten. Es ist fraglich, ob die geplante Staffelübergabe an den Ex-Kandidaten Steinmeier daran viel ändert. Es passt vieles nicht in der SPD. Die Führung erwies sich gegen eine machtbewusste und variantenreiche CDU-Vorsitzende Merkel als zu schwach. Die klare Perspektive für eine von der SPD bestimmte Regierung fehlte. Im Grunde blieb nur die Position des Juniorpartners in einer großen Koalition. Das war zu wenig für potenzielle SPD-Wähler. Aber noch wichtiger ist: Steinmeier und Müntefering konnten das Wahlvolk nicht mit ihrem neuen Programm versöhnen. Die Menschen wollten klare Perspektiven für ihre soziale und wirtschaftliche Lage sehen. Stattdessen bekamen sie die Blaupause eines von der Unternehmensberatung McKinsey ausgearbeiteten Branchen-Entwicklungskonzepts, genannt Deutschlandplan. Aus dem zauberte Steinmeier dann vier Millionen neue Jobs. Das überzeugte die sozialdemokratisch geneigten Wähler nicht. Die alte Verbindung zwischen dem Ziel der sozialen Gerechtigkeit und einem pragmatischen Wirtschaftskurs funktioniert nicht mehr. Weil die Wähler das spüren, verliert die SPD. Die Begründung für die notwendigen ökonomischen Reformen von Hartz-IV und Rente mit 67 hat die Wähler nicht überzeugt. Bleibt nun das Feld der Union überlassen? In Bayern zeigt sich, dass die CSU von höherem Niveau aus ähnlich stark verloren hat wie die SPD. Da mögen wie in Baden-Württemberg viele Unionswähler aus taktischen Gründen für die FDP votiert haben. Aber darauf sollte sich die Union nicht verlassen. Merkel hat in einem mathematisch präzisen Wahlkampf mit viel gesundem Menschenverstand das Ergebnis herbeigeführt, mit dem sie vier Jahre regieren kann. Die Verluste ihrer eigenen Partei hat sie kühl einkalkuliert. Wenn die Union nicht die alte Bindekraft für Konservative, christlich Soziale und liberale Kräfte entwickelt, droht ihr auf Dauer das Schicksal der SPD. Ohnehin leben beide Parteien stark von der Zustimmung der Rentner. Die Erstwähler machten nur zu 40 Prozent ihr Kreuz bei Union oder SPD. Die kleinen Parteien, einschließlich der neuen Piratenpartei, haben bei den Jungwählern eine Mehrheit. Auch so könnten die Volksparteien langsam aussterben.
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