WAZ: Zur Buchmesse in Frankfurt - Papier und andere Lesensmittel - Leitartikel von Jens Dirksen
Geschrieben am 13-10-2009 |
Essen (ots) - Kaum jemand hat Johann Wolfgang von Goethe so sehr geärgert wie sein Schwager Christian August Vulpius. Der war so etwas wie der Dan Brown der Klassik - um seinen Räuberroman "Rinaldo Rinaldini" rissen sich die Leser. Goethes "West-östlicher Divan" hingegen verkaufte sich so schlecht, dass die Erstausgabe noch zu Anfang des 20. Jahrhunderts bei den Buchhändlern vor sich hin staubte. So gelesen klingt Hölderlins berühmter Vers nach einem Hauch von Ironie: "Was bleibet aber, stiften die Dichter."
Das Nebeneinander von schnell verkauften Bestsellern und Bleibendem, von Werten und Wertschöpfung ist so alt wie die Erfindung des Johannes Gutenberg. Und doch ist manches anders als sonst auf diesem 61. Oktoberfest der Buchbranche in Frankfurt. Da ist mit China ein Gastland vertreten, das mit seinem unerschlossenen Buchmarkt und seiner Zensurpolitik Zündstoff liefert, für Geschäfte und Gespräche. Und da wartet ein Gastgeberland, das nach der Nobelpreis-Entscheidung für Herta Müller wieder etwas freimütiger mit dem "Dichter und Denker"-Etikett hantiert - trotz der konstant mittelprächtigen Pisa-Noten, trotz der rückläufigen Lesequoten.
Ja, es ist wahr, die Deutschen geben immer weniger Geld für Bücher aus, und inzwischen geht sogar der Umsatz an Kochbüchern zurück. Selbst auf der Buchmesse sind Comics, Kino und Computer auf dem Vormarsch. Bleibet aber das Buch? Oder wird es bald abgelöst vom E-Book? Wer weiß: Vielleicht ist schon bald das E-Paper so weit, dass man es rollen und falten und mit Romanen speisen kann. Vielleicht werden auch die Smart-Phones irgendwann zu Buch-Lesegeräten.
Mit welchem Lesensmittel Bücher zur Kenntnis genommen werden, ist am Ende aber gleichgültig. Mit dem gedruckten Buch begann das Zeitalter der Massenkommunikation, und es brachte erst das ins Lesen versunkene Individuum hervor und dann die Meinungsfreiheit. Dabei wird es bleiben. Im übrigen können wir getrost darauf bauen, dass sich auf die Dauer jenes Buch-Medium durchsetzen wird, das seine Leser am besten zufriedenstellt.
Die Freiheit des Wortes muss gewahrt bleiben, aber auch die Freiheit des Zugangs zu Büchern. Eine Frage der Politik - nicht nur in China, sondern auch hier zu Lande. Jede Bücherei, die von einer Stadt aus Geldnot geschlossen wird, ist ein Stück Werteverfall, das irgendwann auch auf die Wertschöpfung durchschlagen wird.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
Pressekontakt: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Zentralredaktion Telefon: 0201 / 804-6528 zentralredaktion@waz.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
230576
weitere Artikel:
- Österreichischer Regieverband ADA hat neuen Vorstand gewählt Neue Besetzung für Österreichs mitgliederstärksten Verband der Regisseurinnen und Regisseure Wien (ots) - Das österreichische Filmschaffen war selten so erfolgreich. Dennoch stecken vor allem die Schaffenden wie selten zuvor mit in der Wirtschaftskrise. Die Austrian Directors Association hat entsprechend einen starken neuen Vorstand gewählt, um gegen das Kränkeln der Branche und für eine stärkere Beachtung des Berufsstandes gegenüber Politik und Wirtschaft zu kämpfen. Nach dem berufsbedingten Ausstieg der erfolgreichen Obfrau Dagmar Streicher, mehr...
- WAZ: Schulfreier muslimischer Feiertag - Plumpe Provokation - Leitartikel von Angelika Wölk Essen (ots) - Für den Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, war der gestrige Tag kein Glückstag. Er hat mit seiner Forderung nach einem schulfreien muslimischen Feiertag für alle keinen ernst zu nehmenden Beitrag in der Debatte über eines der wichtigsten Themen geleistet. Richtig ist: Der muslimische Glaube, das muslimische Leben gehören heute als fester Bestandteil zu unserer Gesellschaft. Muslime fordern auch zu Recht einen islamischen Religionsunterricht. An vielen Schulen ist es selbstverständlich, dass muslimische mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Literatur / Buchmesse / China Osnabrück (ots) - In Parallelwelten Was für ein Signal: Der erste chinesische Autor, der gestern auf der Buchmesse vor die Presse trat, war der Exilschriftsteller Bei Ling bei der Veranstaltung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte. Erst danach präsentierte das offizielle China seinen künstlerisch imposanten Pavillon - einen hellen Raum, der auch Ruhe in der Bewegung und Bewegung in der Ruhe symbolisieren soll. Die Kritiker der Volksrepublik haben bereits im Vorfeld der Messe Menschenrechtsverletzungen angeprangert. mehr...
- Tibet ist nicht stumm / Schreiben unter der Zensur Chinas / Autorin Woeser Berlin/Frankfurt (ots) - - Querverweis: Ein Essay von Tsering Woeser (in englischer Sprache) liegt in der digitalen Pressemappe zum Download vor und ist unter http://www.presseportal.de/dokumente abrufbar - Seit Ausbruch der Proteste in Tibet im Jahr 2008 haben sich die Repressionen in Tibet weiter verschärft. Sie richten sich nicht nur gegen Mönche und Nonnen, sondern vor allem auch die Intellektuellen und Kulturschaffenden auf dem "Dach der Welt". So leiden auch Tibets Autoren unter der Zensur der chinesischen Behörden. mehr...
- Bücher auf dem Handy lesen Frankfurt, Dresden (ots) - - Querverweis: Bildmaterial wird über obs versandt und ist abrufbar unter http://www.presseportal.de/galerie.htx?type=obs - Auf der Frankfurter Buchmesse setzt sich der Trend des eBooks fort. Am Messestand C100 in Halle 3.0 werden Bücher und Leseproben zum Mitnehmen angeboten. Mit dem privaten Handy bringt jeder Besucher seinen eigenen Reader bereits mit. Ein zusätzliches Lesegerät ist damit nicht mehr nötig. Die mobilen Bücher werden am Stand drahtlos auf das Handy übertragen. Der österreichische mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Alles rund um die Kultur
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
Pinocchio erreicht Gold in Deutschland mit Top-3-Hit "Klick Klack" - "Mein Album!" erscheint am heutigen Tag - Neue Single "Pinocchio in Moskau (Kalinka)" folgt am 17. März
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|