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Boersen-Zeitung: Bye, bye, Wachstumswert, Kommentar zur Amazon-Gewinnwarnung von Bernd Neubacher

Geschrieben am 26-07-2006

Frankfurt (ots) - Einige Anleger dürften sich gestern von einem
teuren Missverständnis verabschiedet haben: Amazon als
Wachstumsunternehmen zu bewerten. Näher kommt der Wahrheit wohl, wer
in dem Unternehmen ein ordinäres Online-Versandhaus sieht, das sich
mit aggressiven Preisen prozentual zweistellig wachsende Umsätze
sichert. Die Zeit großer Ertragssprünge jedenfalls scheint vorbei,
noch bevor sie so recht begonnen hat. Anfang vorvergangenen Jahres
hatte Amazon erstmals ein positives Ergebnis fürs Gesamtjahr
ausgewiesen. Schon Ende 2004 setzte eine bisher nur selten
unterbrochene Serie enttäuschender Quartalsausweise ein, die zur
Wochenmitte wohl nur ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden hat.

Zugegeben: Dank ihres Online-Vertriebs braucht Amazon im Gegensatz
zu ihren Wettbewerbern kein kostenträchtiges Filialnetz zu
unterhalten. Dafür aber fallen, wie der jüngste Quartalsbericht
deutlich macht, hohe Investitionen in Marketing und Technik an, um
für den Kunden sichtbar zu bleiben und den E-Commerce zu verbessern.
Denn es droht Konkurrenz von Adressen wie Google oder Ebay, und auch
klassische Einzelhändler wie Wal-Mart drängen ins Netz.

Im zweiten Quartal haben diese Aufwendungen das Betriebsergebnis
von Amazon mehr als halbiert, und die operative Marge ist um ganze 4
Punkte heruntergerauscht. Mit nur mehr 2% bewegt sie sich inzwischen
nahe dem Niveau, das Anleger sonst aus dem als traditionell
ertragsschwach geltenden Einzelhandel in Deutschland gewohnt sind -
die Metro kam 2005 auf mehr als 3%.

Ob Amazon bald an diese Marke heranreichen wird? Mit der aktuellen
Strategie wohl kaum: Generalisierung statt Spezialisierung lautet das
Motto, ausgerechnet in einer Welt, in der die Konkurrenz für Kunden
nur einen Maus-Click entfernt ist. Anstatt sich auf das Kerngeschäft
mit Tonträgern, Filmen und Büchern zu konzentrieren, hat Amazon zur
Expansion ins Lebensmittelgeschäft geblasen. Um aber im Wettbewerb
mit Anbietern wie der Royal-Ahold-Tochter Peapod Fuß zu fassen, wird
das Unternehmen Preise bieten müssen, die die Rentabilität in dem
ohnehin ertragsschwachen Branchensegment weiter drücken. Amazon
braucht schon eine Menge Überzeugungskraft, um Anleger glauben zu
machen, dass Investitionen von heute sich morgen in Gewinnen
auszahlen werden.

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=30377
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Rückfragen bitte an:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0


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