Mindener Tageblatt: Kommentar zu 20 Jahre Mauerfall / Geschenk der Geschichte
Geschrieben am 08-11-2009 |
Minden (ots) - Von Christoph Pepper Auch das gehört zum Bild: 20 Jahre nach dem Fall der Mauer wünscht sich jeder Achte in Ost- und West, dass sie schnell wieder aufgebaut wird. Und CSU-Minister Ramsauer findet keinen besseren Termin als das Jubiläum, um auf die Dringlichkeit des nun notwendigen "Aufbaus West" hinzuweisen. Ja, so sind sie, die Deutschen. Irgendjemand findet immer ein Haar in der Suppe, mit dem er auch den Mitmenschen das Gesamtmenü ungenießbar machen will. Richtig freuen könnten sie sich wahrscheinlich nur über den wiederholten Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft; bestimmt jedoch nicht ohne kritisch darüber zu diskutieren, was im Angriff - oder wahlweise der Verteidigung - alles im Argen läge. Man sollte den Miesepetern Recht geben. Und sie damit in die Schmollecke schicken. Natürlich hat der Fall der Mauer manche Biografie durcheinandergebracht und möglicherweise sogar die ein oder andere Errungenschaft (?) zunichtegemacht. Natürlich ist seither einiges schief gelaufen, anderes - vielleicht sogar wider besseres Wissen - zu viel versprochen worden. Ganz sicher sind Fehler gemacht worden, haben Menschen versagt, andere sich von charakterlich nicht unbedingt einwandfreier Seite gezeigt. Und weiter? 20 Jahre nach dem Mauerfall hat Deutschland Probleme, die der überwiegende Rest der Menschheit gerne hätte. Es ist frei, wohlhabend, sicher, gesellschaftlich stabil, wirtschaftlich belastbar - auch in der Krise. Und eigentlich ist es im Prinzip auch einig, selbst wenn Ost und West noch Ressentiments pflegen, die über Folkloristisches hinausgehen. Will tatsächlich jemand die Mauer zurück? Selbst ein Großteil jener bedauernswerten immerhin 12 Prozent der eingangs zitierten Umfrage würde sich diesen Wunsch bei Aussicht auf konkrete Realisierung wohl noch einmal gut überlegen. Deutschland hat am 9. November 1989 ein Geschenk von der Geschichte erhalten, dessen Ausmaß erst mit zunehmendem Abstand wirklich erahnbar wird. Wer sich darüber nicht freuen kann, mag seine Gründe dafür haben. Es können nur persönliche sein.
Originaltext: Mindener Tageblatt Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/71694 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_71694.rss2
Pressekontakt: Mindener Tageblatt Christoph Pepper Telefon: (0571) 882-/-248 chp@mt-online.de
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