Börsen-Zeitung: Vorreiter Deutschland, Kommentar von Christof Roche zur Setzung fester Fristen für den Defizitabbau in den europäischen Staaten seitens der EU-Kommission
Geschrieben am 11-11-2009 |
Frankfurt (ots) - Die EU-Kommission sagt Danke. Deutschland, das erst auf Brüsseler Drängen hin die Milliarden-Stützprogramme für Wirtschaft und Banken startete, erhält bis 2013 Zeit, um Defizit und Staatsverschuldung in Ordnung zu bringen. Das ist ambitioniert, aber machbar - auch, weil Deutschland heute von der Finanzpolitik der großen Koalition profitiert, die erst die nötigen Spielräume für die immensen Konjunkturhilfen geschaffen hatte.
Das sieht außerhalb der deutschen Grenzen vielfach anders aus. Beispiel Frankreich, das schon vor der Krise wenig von Sparpolitik hielt. Dort explodiert die Neuverschuldung, und die Staatsverbindlichkeiten steigen dramatisch - mit der Folge, dass Paris mehr als das Doppelte an Konsolidierung leisten muss, um, parallel zu Deutschland, bis 2013 die Neuverschuldung Maastricht-konform auszurichten. Kein Wunder, dass Präsident Nicolas Sarkozy mächtig "trommeln" lässt, um die Brüsseler Auflagen in Frage zu stellen.
Das aber ist das Problem. Wenn die budgetäre Schere zwischen den beiden größten Volkswirtschaften Eurolands weiter aufgeht, steuert die Währungsunion auf eine Zerreißprobe zu. Noch setzen die Akteure an den Finanzmärkten auf den Pakt und die Geschlossenheit der Währungszone. Was aber, wenn Frankreich - und im Schlepptau andere - nicht zu bekehren sind? Dann drohen drastische Aufschläge für die Spreads dieser Länderbonds. Ein Land wie Griechenland temporär aufzufangen, ist für die Währungspartner möglich. Bei mehreren Staaten gleichzeitig ist dies nicht mehr zu schultern.
Oder mit Blick auf die Notenbanken. Noch hält das Zweckbündnis von Regierungen und Währungshütern zur Krisenbewältigung. Was aber, wenn die Politik auf "Wachstum" setzt - und Gegenwind von der Zinsfront kommt. Dann ist Streit programmiert. Daraus folgt: Berlins oberster Kassenwart Wolfgang Schäuble muss seinen Stabilitätsbekundungen Taten folgen lassen und Brüssel Rückendeckung geben, um den Pakt durchzusetzen - am besten mit der Aussetzung der deutschen Steuersenkungspläne. Und die Kommission muss - mit deutscher Hilfe - die Debatte über nationale Sparmechanismen forcieren. Deutschland hat mit der Schuldenbremse die Vorreiterrolle übernommen. Nur wenn dieses Modell Schule macht, kann der Pakt wirken, ohne Finanzmärkte und Notenbanken ständig herauszufordern.
(Börsen-Zeitung, 12.11.2009)
Originaltext: Börsen-Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
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