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Unterlassene Hilfeleistung: Behinderte und alte Menschen zahnmedizinisch oft schlecht versorgt / Oralchirurgen üben massive Kritik auf ihrer Tagung

Geschrieben am 13-11-2009

Berlin (ots) - Rigide politische Rahmenbedingungen und Richtlinien
sorgen in Verbindung mit Ausbildungsdefiziten im Zahnmedizinstudium
dafür, dass Behinderten und alten Menschen bestimmte Leistungen oft
vorenthalten werden (müssen). »Das ist unterlassene Hilfeleistung«,
kritisiert Dr. Volker Holthaus, Bad Segeberg, auf der 26.
Jahrestagung des Berufsverbandes Deutscher Oralchirurgen am 13. und
14. November in Berlin.

In Deutschland sind mindestens 6,8 Millionen Menschen
schwerbehindert. Mehr als die Hälfte ist 65 Jahre und älter. Bei 80
Prozent der Betroffenen ist eine Krankheit die Ursache der
Behinderung. Mehr als zwei Millionen Menschen sind pflegebedürftig,
über eine Million leidet an Demenz.

Die Zahl dieser Menschen wird in den nächsten Jahren aufgrund der
demographischen Entwicklung steigen. Doch die zahnmedizinische
Versorgung dieser Menschen ist in Deutschland ein Stiefkind. Die
Zahngesundheit von behinderten, betagten, multimorbiden und
pflegebedürftigen Menschen ist deutlich schlechter als die anderer
Bevölkerungsgruppen.

Verbesserungen sind selbst mit bescheidenen Mitteln möglich. Dabei
zeigen neue Untersuchungen, dass bei geriatrischen Patienten mit
Zahnproblemen selbst mit bescheidenen finanziellen Mitteln eine
Verbesserung des Zustandes in wenigen Sitzungen erzielt werden kann.
Ebenso kommen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass »eine
regelmäßige zahnmedizinische Betreuung von älteren Menschen, die in
Heimen oder selbstständig leben, den jeweiligen Behandlungsaufwand
sowie die anfallenden Kosten niedrig halten und eine deutliche
Verbesserung des oralen und allgemeinen Gesundheitszustandes bewirken
könnte«.

Doch solche Erkenntnisse stoßen bei den Verantwortlichen bislang
auf taube Ohren. »Erforderlich wären politische Rahmenbedingungen,
die es uns ermöglichen, behinderte Patienten adäquat prophylaktisch
und prothetisch zu versorgen«, stellt Dr. Volker Holthaus, Bad
Segeberg, fest. »Ebenso wäre es nötig, angehende Zahnärzte besser auf
die Behandlung solcher Patienten schon im Studium vorzubereiten«,
fordert der Vorsitzende der AG für zahnärztliche
Behindertenbehandlung im BDO. »Zahnmediziner brauchen auch eine
bessere Ausbildung etwa auf dem Gebiet innerer Erkrankungen sowie
pharmakologische Kenntnisse, wenn sie multimorbide und schwerkranke
Patienten kompetent betreuen sollen.«

Doch trotz zahlreicher Bemühungen hat sich die Situation in den
letzten Jahren eher verschärft als verbessert. »Die Richtlinien der
GKV sind inzwischen so eng gefasst, dass wohlmeinende Sachbearbeiter
der Krankenkassen keinerlei Spielraum mehr haben«, beschreibt
Holthaus seine Erfahrungen.

Problematisch ist etwa eine Parodontalbehandlung. Den Richtlinien
zufolge, setzt diese eine ausreichende Mundpflege, eine aktive
Mitarbeit sowie Motivation des Patienten voraus. Diese bei Gesunden
sinnvolle Anforderung können viele Behinderte indes nicht erfüllen.
Unterbleibt die Behandlung jedoch, setzt eine Abwärtsspirale ein:
»Unbehandelt verschlechtert sich der Zustand und letztendlich wird
die Sanierung des Gebisses ungleich teurer als wenn wir rechtzeitig
hätten behandeln können.« So ist auch eine Zahnsteinentfernung bei
einem dementen Heimbewohner unter Vollnarkose letztendlich billiger
als den Dingen ihren Lauf zu lassen.

Originaltext: Berufsverband deutscher Oralchirurgen
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/77850
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_77850.rss2

Pressekontakt:
Pressestelle: ProScience Communications -
Die Agentur für Wissenschaftskommunikation GmbH
Dipl. Biol. Barbara Ritzert
Andechser Weg 17 · 82343 Pöcking
Tel.: 08157 9397-0 · Fax: 08157 9397-97
E-Mail: info@proscience-com.de


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