(Registrieren)

Türkei: ROG begrüßt Reformen zur kurdischen Sprache und mahnt weitere Schritte an

Geschrieben am 20-11-2009

Berlin (ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) begrüßt die Ankündigung
der türkischen Regierung, die Einschränkungen bei der Verwendung der
kurdischen Sprache aufzuheben. Gleichzeitig appelliert ROG an die
Regierung, die neuen Freiheiten auf die Medienberichterstattung über
kurdische Themen und Belange auszudehnen.

"Die Regierung hat einen wichtigen Schritt von großer Symbolkraft
getan. Allerdings wird diese Reform keine grundlegenden Auswirkungen
haben, solange Medien die kurdische Frage nicht frei, das heißt, ohne
eine strafrechtliche Verfolgung fürchten zu müssen, ansprechen
können", kritisiert ROG. "Medienmitarbeiter sind weiterhin Opfer von
Zensur und Einschüchterungsversuchen, sobald sie sensible Themen wie
die Interessen der kurdischen Minderheit aufgreifen", so ROG.

Am 13. November kündigte der türkische Innenminister an, alle
geltenden Einschränkungen der kurdischen Sprache abzuschaffen. Nach
einer am selben Tag veröffentlichten Richtlinie soll auch die
Ausstrahlung von Rundfunksendungen in Minderheitensprachen ohne
zeitliche Beschränkung in Zukunft möglich sein.

Seit Januar 2004 war die Verwendung der einst verbotenen
kurdischen Sprache in Printmedien und im öffentlichen Fernsehkanal
"TRT 6" erlaubt. Private Kanäle durften hingegen nur fünf Stunden in
der Woche im Radio und vier Stunden im Fernsehen auf Kurdisch senden.
Darüber hinaus mussten die Sendungen bislang auf Türkisch untertitelt
werden, so dass eine Live-Übertragung unmöglich war. Infolge dieser
Beschränkungen haben nur der lokale Kanal "Gün TV" sowie seit zwei
Monaten der Satellitenkanal "Su TV" der kurdischen Minderheit
Programme in deren Sprache angeboten.

Einige Gesetzesartikel beschränken derzeit die Recherche- und
Berichtsfreiheit türkischer Medien und verhindern demokratische
Debatten im Land. Eine Reihe von Themen gelten als Tabu, darunter
Kritik an der Armee, Polizei und Justiz sowie Folter, Laizismus oder
bestimmte Darstellungen von Mustafa Kemal Atatürk. Kraft der Gesetze
beschränken viele Richter und Staatsanwälte regionaler Gerichtshöfe
die Freiheit der Medien. "Die Lage der Meinungs- und Pressefreiheit
in der Türkei kann sich nur verbessern, wenn diese repressiven
Gesetze aufgehoben werden", so ROG.

Als besonders repressiv erweist sich die Anwendung des Artikels
301 des türkischen Strafgesetzes: Auf Grundlage dieser Regelung über
die "Verunglimpfung des Türkentums, der Republik und der Grundlagen
der Institutionen des Staates" können Journalisten mit bis zu zwei
Jahren Gefängnis bestraft werden. Auch auf Basis des
Anti-Terror-Gesetzes Nr. 3713 und des Artikels 216 des Strafgesetzes
über die "Anstiftung zu Feindschaft und Hass" werden Journalisten
verfolgt.

In dieser Hinsicht laufen zur Zeit rund 20 Verfahren gegen Vedat
Kursun, Chefredakteur der einzigen kurdischsprachigen Zeitung
"Azadiya Welat". Ihm werden "PKK-Propaganda", "stillschweigende
Duldung von Verbrechen" und "Zugehörigkeit zu einer illegalen
Organisation" vorgeworfen. Der Journalist ist seit vergangenem Januar
in Untersuchungshaft.

Kurdische Oppositionszeitungen werden regelmäßig verboten,
entsprechende Internetangebote gesperrt. Zuletzt wurde am 18.
November die Website der Tageszeitung "Günlük" blockiert. Die
Print-Ausgabe wurde auf Grundlage des Anti-Terror-Gesetzes bereits
wenige Monate vorher verboten.

Die staatliche Repression trifft auch Medien, die wenig Sympathien
für mögliche kurdische Autonomiebestrebungen zeigen. So werden
beispielsweise ein Journalist der "Milliyet", Devrim Sevimay, und die
von ihm interviewte bekannte türkische Sängerin Hülya Avsar der
"Anstiftung zum Hass" beschuldigt. Avsar hatte in dem Interview
geäußert, dass die Regierung bei ihrer Politik der Öffnung die Rechte
der Kurden nicht unterbewerten oder ignorieren darf. Zudem sei es
schwierig, die Terroristen der separatistischen PKK zu überzeugen,
ihre Waffen niederzulegen, so Avsar

Auf der ROG-Rangliste zur Lage der Pressefreiheit weltweit 2009
steht die Türkei auf Platz 122 von 175. Damit hat der
EU-Beitrittskandidat im Vergleich zum Ranking des Vorjahres 20 Plätze
verloren.

Originaltext: Reporter ohne Grenzen e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/51548
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_51548.rss2

Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Anja Viohl
Pressearbeit
presse@reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de
Fon +49/30/202 15 10 - 16
Fax +49/30/202 15 10 - 29


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

238135

weitere Artikel:
  • Neue Westfälische: Neue Westfälische Bielefeld: KOMMENTAR Protest der Schüler und Studenten Die Uhr läuft BERNHARD HÄNEL Bielefeld (ots) - Es ist ein europäischer Protest, es ist ein vernetzter Protest und es ist ein Protest, der noch lange nicht beendet sein dürfte. Mit dem von ihnen als Bildungsstreik bezeichneten Aktionen fordern Studenten wie Schüler ihr Recht auf Bildung ein. Was wir in dieser Woche erlebten, ist keine Revolution und auch keine Studentenrevolte, sondern der schlichte Wunsch, einfach vernünftig lernen zu dürfen. Da geht es um große Dinge, wie eine Studienstrukturreform oder die Abschaffung der Studiengebühren oder ganz alltägliche, mehr...

  • Neue Westfälische: Neue Westfälische Bielefeld: Wettskandal im internationalen Fußball Banden die Rote Karte zeigen MATTHIAS BUNGEROTH Bielefeld (ots) - Der Verdacht der Ermittlungsbehörden ist gewaltig: 200 Ligaspiele in etlichen Ländern Europas sollen verschoben worden sein. Was lockte, war das schnelle, große Geld, das mithilfe von Sportwetten zu gewinnen ist. Wenige Monate vor der Fußball-Weltmeisterschaft steckt der Rasensport in der größten Krise seiner Geschichte. Denn Vorwürfe der Beteiligung in diesen Wettskandal richten sich auch gegen zahlreiche Trainer, Spieler und Offizielle, die sich an den mafiösen Betrügereien beteiligt haben sollen. Sollten sich diese mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zum Fußball-Wettskandal Halle (ots) - Die Ausmaße dieses Skandals zeigen: Hier geht es nicht mehr um kleine Wettbetrügereien, sondern um Organisierte Kriminalität. Die 200 erwähnten Spiele fanden allesamt im Jahr 2009 statt. Nicht auszumalen, was ans Tageslicht kommt, wenn die Ermittlungen vorherige Jahre auch noch erfassen. Die Staatsanwaltschaft Bochum hielt sich gestern mit konkreten Angaben zurück. Keine Namen von Verdächtigen. Keine Spiele, die unter Verdacht stehen. Trotzdem reichen die Informationen, um ein Gespür für die Ausmaße zu bekommen. Wir reden mehr...

  • Südwest Presse: Kommentar zu Manipulationen im Fußball Ulm (ots) - Der Fußball ist in seinen Grundfesten erschüttert. Ein nie dagewesener, halb Europa betreffender Manipulationsskandal zerstört jegliches Vertrauen in die nicht nur hierzulande populärste Sportart - von Europas Königsklasse, der Champions League, bis in die fünfthöchste deutsche Spielklasse. Vor knapp fünf Jahren hatte es Wett-Betrügereien um Schiedsrichter Robert Hoyzer gegeben. Danach wurde ein Frühwarnsystem installiert, das Auffälligkeiten bei Internet-Wetten registrieren sollte. Doch jetzt ist klar: Bewirkt haben diese Maßnahmen mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur neuen politischen Führung der EU Bielefeld (ots) - Überzeugte Europäer, erfahrene Politiker, mutige Menschen, unverwechselbare Gesichter: Welche Eigenschaften treffen auf Catherine Ashton und Herman Van Rompuy zu? Die Antwort muss offen bleiben, denn dieses Duo, das künftig die wichtigsten Posten innerhalb der Europäischen Union bekleiden wird, ist nur einem kleinen Insiderkreis bekannt. Mit dieser Personalentscheidung ist den 27 EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Postengipfel eine Überraschung gelungen. Das allein reicht aber nicht. Die EU ist eine der wichtigsten mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht